„Thank you for the Music“ nahm die Besucher im Mengeder Saalbau mit auf die Zeitreise jahrzehntelanger Musikgeschichte

Schon früh vor Konzertbeginn waren am Samstag, 08.06.24, die besten Plätze im Saalbau Mengede bereits besetzt. Voller Erwartung auf einen Abend mit berühmten Musiktiteln, die in die Geschichte eingegangen sind. Um es vorweg zu nehmen. Die Erwartungen wurden voll erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen. Ein Musikersextett, bestehend aus den ABBA-GIRLS Hanna und Ewita, Ewa Dannowski, Melissa Große, Michael Badura, Christopher Platt und Sarah Göthling schlüpften in unterschiedliche zeitgenössische Kostüme und versetzte das Publikum mit Gesang und instrumentaler Begleitung in Verzückung. Viele Besucher schienen in dem Alter zu sein, auch ältere Musikstücke zum Datum der Erscheinung persönlich erlebt zu haben.

Jochen Meschke, Buchautor und Initiator von „Thank you for the Music“

Initiator Jochen Meschke, von 1989 bis 2021 Geschäftsführer der Westfalenhallen, blickte auf 6000 Veranstaltungen zurück. Meschke moderierte kurzweilig und amüsant, in dem er viele seiner Erlebnisse und teilweise auch sehr emotionale Begegnungen in 32 Jahren als Hallenmanager preis gab. Seine Erinnerungen hat er in dem Buch „Eine Liebe in Westfalen“ niedergeschrieben.

In insgesamt sechs Abschnitten führte Meschke durch den Abend.

Anfang der 60er Jahre konnten Deutsche Solointerpreten (Freddy Quinn, Roy Black) die Westfalenhalle nicht füllen. Erstmals lockte der geniale Jazzmusiker „Satchmo“ Louis Armstrong 16000 Besucher in die Arena. Zur Erinnerung faszinierte Michael Badura das Saalbaupublikum mit seiner Interpretation von „What a Wonderful World”.

„Mit der Zeit entwickelten sich mit der englischsprachigen Beat- und Popmusik und der Rockmusik zwei Musikrichtungen“, erinnert sich Jochen Meschke. Während die aalglatten Anhänger der Popmusik sich mit dem Establishment arrangierten, waren die Rockfans kritischer und problembehafteter. Diverse Gewaltausbrüche auf Konzerten schreckten die Dortmunder Hallenchefs davon ab, dieses Genre ins Programm aufzunehmen. Doch der Konkurrenzdruck wuchs. So fand am 31.3.1966 das erste Rockkonzert in der Westfalenhalle statt, ausgerechnet mit den Rolling Stones. Es gab keine Ausschreitungen. Die Fans fierten ausgelassen. Dazu passte am besten „Satisfaction“.

Die Epoche „Sex, Drugs and Rock n Roll”, in der der Lebensstil der göttlich angebeteten Superstars nach Freiheit, Emanzipation aber auch Haschisch und Koks überwog, kennzeichnete Jochen Meschke beispielhaft mit dem Konzert von Bob Marley. Durch die Westfalenhalle waberte ein verdächtiger Cannabisgeruch. Die 4000 Fenster in der Halle waren beschlagen. Während des Songs „No Woman No Cry“ stimmten einige Besucher in den Refrain ein.

Über weitere Mega-Events konnte Jochen Meschke in seinem Kapitel „Die Mauer fiel zweimal“ berichten. Das Pink Floyd Spektakel „The Wall“ füllte achtmal die Halle. Es ist zwar historisch nicht belegt, aber eine Parallele zum Berliner Mauerfall wird deutlich. Es folgte der Welthit „Another Brick in The Wall”.

„Another Brick in The Wall

Eine aus Publicity-Gründen vom Management David Copperfields angedichtete Liaison des Magiers mit Star-Model Claudia Schiffer führte mit 19 ausverkauften Shows nacheinander zu einem zeitweiligen Besucherrekord in der Westfalenhalle.

Überboten wurde die Bestmarke einige Jahre später durch die damals völlig unbekannte „Kelly Family“, Sie konnten anfangs nicht einmal die Saalmiete für die Halle aufbringen. Jimmy Kelly überzeugte Jochen Meschke. Er ging das Risiko ein. Mit Erfolg, wie die 120.000 Konzertgäste bewiesen.

„99 Luftballons“

Die „Neue Deutsche Welle“ mit den Top Acts von Nena, Trio, Hubert K konnte keine großen Hallen füllen. Aber durch sie wurde Musik mit deutschen Texten salonfähig. Sarah Göthling sang dazu „99 Luftballons„.

Ein besonderes Highlights war das Konzert von Marius Müller-Westernhagen. Er brachte mit dem Song „Freiheit“ das Gefühl der Menschen auf den Punkt und löste stehende Ovationen aus. 

Es gab viele unvergessliche Höhepunkte in der Geschichte der Westfalenhalle. Aber leider auch eine Tragödie. Der Hubschrauberabsturz während der Jugendmesse „You“, bei dem 13 der 14 Insassen ums Leben kamen.

Seit dem Neubau großer Arenen (in Köln, Hamburg, Berlin) war die Westfalenhalle für viele Weltstars nicht mehr die erste Adresse. Jedoch mit dem Abbau der Radrennbahn wurde die Halle mit mehr Sitzplätzen wieder konkurrenzfähiger. Ikonen wie Udo Jürgens hielten der Westfalenhalle bis zum Schluss die Treue (Song: Griechischer Wein). Vor allem nationale Top-Acts wie die Toten Hosen oder Udo Lindenberg aber hielten der Halle die Treue: Immerhin, wurde Udo nie müde zu erzählen, ziere die Hallenspitze ja nicht zufällig ein „U“.

Und Helene Fischer, in der Szene noch unbekannt, zog 2007 nur 700 Zuschauer in die kleine Halle. 10 Jahre später füllte sie die große Halle an 5 Tagen in einer Woche komplett. Die Wiederholung gelang ihr 2022. Ihre aufwändige 130 Tonnen schwere Licht- und Tontechnik stellte die Westfalenhalle sogar vor statische Probleme.

Der Belegungsplan des Jahres 2020 war mit mehreren Doppelkonzerten (Die Toten Hosen, PUR), einem 3-fach Konzert (Die Ärzte) und zahlreichen nationalen und internationalen Acts sehr gut gefüllt. Angesichts dieser Tatsache schaut Jochen Meschke positiv in die Zukunft der „Alten Dame Westfalenhalle“.

Herbert Grönemeyer, Kind des Ruhrgebiets, stimmte in jedem seiner Konzerte das Bergmannslied „Glück auf, Glück auf! Der Steiger kommt“ an. Da auch Mengede ein Ort mit großer Bergbautradition ist, sangen die Anwesenden das Lied stimmgewaltig im Chor. Das Publikum war von begeistert. Stehende Ovationen, spontane Tanzeinlagen bewiesen: Die Musikrevue „Thank you for the Musik“ traf den Geschmack der Besucher. Die vehemente Forderung nach einer Zugabe wurde mit dem Song „Music“ von John Miles belohnt.

Text und Fotos: Peter Kaufhold