Nr. 64
Herbst 2023
22. Jahrgang
Liebe Heimatfreundinnen,
liebe Heimatfreunde,
und wieder gibt es ein neues Heimatblättken, mit dem wir Sie/Euch über die aktuellen Dinge und Projekte unseres Vereins informieren und Ihnen somit neuen Lesestoff an die Hand geben möchten!
Neben den vielen Angeboten unseres regen Vereinslebens lohnt es sich aber auch, immer wieder einmal auf unsere Homepage zu schauen: www.heimatverein-mengede.de
Die Ausstellungsvitrinen sind dank fleißiger Helfer nun auch aufgestellt und werden mit den Bäckereiutensilien aktuell bestückt.
Danken möchte ich heute einmal besonders unserem Redaktionsteam sowie unserer Lektorin, denen es erneut gelungen ist, interessante Artikel und Kurzgeschichten zusammenzutragen oder besser: zusammenzuschreiben!
Ich grüße Sie und Euch ganz herzlich!
Glück Auf!
Ihr / Euer Hans-Ulrich Peuser
1. Vorsitzender
„Thank you fort the music“ und „Eine Liebe in Westfalen“
Jochen Meschke begeistert mit seinem Beitrag am Oktober-Stammtisch
Letzten Mittwoch, 04.10., fand wieder der beliebte Monatsstammtisch des Heimatvereins Mengede statt. Dem Besucherandrang zufolge musste es sich dabei um einen der vielen Höhepunkte im Veranstaltungskalender unseres Vereins handeln. Und genauso war es. Jochen Meschke, von 1989 bis 2021 Geschäftsführer der Westfalenhallen, blickt auf 6000 Veranstaltungen zurück. Er ist Autor des Buchs „Eine Liebe in Westfalen“. Dort hat er zahlreiche Anekdoten der Stars der Musikszene verewigt.
Mit tatkräftiger Unterstützung seiner Frau Vera präsentierte er seine Musik-Revue „Thank you for the music“. Der Heimatverein kam in den Genuss einer Vorpremiere. Erst am 24.11.23 findet die bereits ausverkaufte Uraufführung im Wilhelm-Hansmann-Haus statt. Den musikalischen Beitrag leisten dort sieben Musiker aus Dortmund und Umgebung.
Jochen Meschke trug die Anekdoten aus seinem Buch in kurzweiligen Erzählungen seiner Erlebnisse in 32 Jahren als Hallenmanager vor. Nach jedem Abschnitt interpretierte Hans-Ulrich Peuser auf dem Klavier routiniert die Hits aus der jahrzehntelangen Musikgeschichte der Westfalenhalle.
Unser Referent teilte seinen Vortrag in 6 Musikepochen ein. Zu Beginn:
Von der goldenen Schlagergeneration bis zu den Rolling Stones
Musikveranstaltungen gab es nach der Eröffnung der neuen Westfalenhalle am 2. Februar 1952 durch Bundespräsident Theodor Heuss zwar auch, aber längst nicht in dem Ausmaße wie heute. Sie hießen Schlagerparade oder Schlagerexpress und bei den Texten ging es um die Sehnsucht nach der heilen Welt, kritische Lieder waren nicht massentauglich. Freddy Quinn und Roy Black waren die angesagtesten Schlagerstars.
Den akustischen Beweis trat Hans-Ulrich Peuser mit den Liedern „Junge komm bald wieder“ (Freddy Quinn) und „Ganz in Weiß“ (Roy Black) an.
Deutsche Solointerpreten konnten die Westfalenhalle nicht füllen. Erstmals lockte der geniale Jazzmusiker „Satchmo“ Louis Armstrong 16000 Besucher in die Arena. Dazu stimmte Hans-Ulrich den Hit „What a Wonderful World” am Klavier an.
„Mit der Zeit entwickelten sich mit der englischsprachigen Beat- und Popmusik und der Rockmusik zwei Musikrichtungen“, erinnert sich Jochen Meschke. Während die aalglatten Anhänger der Popmusik sich mit dem Establishment arrangierten, waren die Rockfans kritischer und problembehafteter. Diverse Gewaltausbrüche auf Konzerten schreckten die Dortmunder Hallenchefs davon ab, dieses Genre ins Programm aufzunehmen. Doch der Konkurrenzdruck wuchs. So fand am 31.3.1966 das erste Rockkonzert in der Westfalenhalle statt, ausgerechnet mit den Rolling Stones. Es gab keine Ausschreitungen der feiernden Fans. Dazu passte am besten „Satisfaction“.
Die Epoche „Sex, Drugs and Rock n Roll”, in der der Lebensstil der göttlich angebeteten Superstars nach Freiheit, Emanzipation aber auch Haschisch und Koks überwog, kennzeichnete Jochen Meschke beispielhaft mit dem Konzert von Bob Marley. Durch die Westfalenhalle waberte ein verdächtiger Cannabisgeruch. Die 4000 Fenster in der Halle waren beschlagen. Ein nicht näher genanntes Lokal am Dortmunder Ostwall soll die Quelle für die bewusstseinserweiternden Substanzen gewesen sein. Dazu liefert der Song „No Woman No Cry“ im Heimathaus die passende Atmosphäre.
Über weitere Mega-Events konnte Jochen Meschke in seinem Kapitel „Die Mauer fiel zweimal“ berichten. Das Pink Floyd Spektakel „The Wall“ füllte achtmal die Halle. Es ist zwar historisch nicht belegt, aber eine Parallele zum Berliner Mauerfall wird deutlich.
Natürlich stimmte Hans-Ulrich danach den Hit „Another Brick in The Wall” an.
Die „Neue Deutsche Welle“ mit den Top Acts von Nena, Trio, Hubert K konnte keine großen Hallen füllen. Aber durch sie wurde Musik mit deutschen Texten salonfähig. Dazu passte perfekt Nena mit ihren 99 Luftballons.
Ein besonderes Highlight war das Konzert von Marius Müller-Westernhagen. Er brachte mit dem Song „Freiheit“ das Gefühl der Menschen auf den Punkt und löste stehende Ovationen aus.
Es gab viele unvergessliche Höhepunkte in der Geschichte der Westfalenhalle. Aber leider auch eine Tragödie. Der Hubschrauberabsturz während der Jugendmesse „You“, bei dem 13 der 14 Insassen ums Leben kamen.
Die Liste der Big Events lässt sich fast unendlich weiter führen mit dem Magier David Copperfield (19-mal ausverkauft), Peter Maffay, er lockte mit seinem Rockmärchen Tabaluga insgesamt 110.000 Besucher an (dazu passte der Song Nessaja). Nicht zu vergessen die Kelly Family. Mit ihren Konzerten der Jahre 1994 und 1995 halten sie mit 120.000 Besuchern den Hallenrekord.
Für ausverkaufte Konzerte verlieh die Westfalenhalle einen Sold-out Award. Für den sich die „Toten Hosen“ Backstage lautstark bei Jochen Meschke mit „For he‘s a jolly good fellow“ bedankten.
Westfalenhalle von 2010 bis zur Gegenwart
Seit dem Neubau großer Arenen (in Köln, Hamburg, Berlin) war die Westfalenhalle für viele Weltstars nicht mehr die erste Adresse. Jedoch mit dem Abbau der Radrennbahn wurde die Halle mit mehr Sitzplätzen wieder konkurrenzfähiger. So ist sie immer noch die Nummer 1 bei Rap- und elektronischer Musik. Auch große Ikonen wie Udo Jürgens hielten der Westfalenhalle bis zum Schluss die Treue (Song: Griechischer Wein).
Und Helene Fischer, in der Szene noch unbekannt, zog 2007 nur 700 Zuschauer in die kleine Halle. 10 Jahre später füllte sie die große Halle an 5 Tagen in einer Woche komplett. Die Wiederholung gelang ihr 2022. Ihre aufwändige 130 Tonnen schwere Licht-und Tontechnik stellte die Westfalenhalle sogar vor statischen Problemen.
Jochen Meschke zog die Zuhörer in seinen Bann. „Selten habe ich so ruhige und konzentriert zuhörende Vereinsmitglieder erlebt wie heute“, stellte Hans-Ulrich Peuser erfreut fest. Jochen Meschke hatte sich das traditionelle Remigiustropfen-Geschenk redlich verdient. Für seine Musik-Revue „Thank you for the Music“ wünschen wir ihm viel Erfolg.
Peter Kaufhold
Schnadegang lockte wieder viele Grenzgänger
Seit 2004 führt der Heimatverein Mengede am Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober) mit seinen Mitgliedern und Gästen Schnadegänge rund um den Stadtbezirk Mengede durch. Trotz nicht gerade rosigen Wetterprognosen hatten sich zum diesjährigen Schnadegang im Grenzbereich der ehemaligen Flur VIII der Gemeinde Mengede pünktlich um 11 Uhr rund 40 Schnadegänger am Heimathaus am Widum eingefunden.
Der erste Info-Stop erfolgte am Bodendenkmal Haus Mengede, wo der „Mann für alle Fragen rund um Mengede“, Franz-Heinrich Veuhoff, mit einigen Sätzen über die Historie des ehemaligen Wasserschlosses informierte. Wie immer konnte er zu der Historie auch persönliche Erlebnisse einbringen, musste er doch als Kind immer im Haus Mengede beim Bauer Rohe „Pachtgroschen“ in bar abliefern und bekam von ihm dann einen Apfel als Wegzehrung mit. Weiter ging es zum Vereinsheim des Tennis-Clubs Mengede wo der „Mengede-Spezialist“ Wissenswertes zum Mengeder Volksgarten und auch zum dortigen Stadion zu erzählen wusste, das in den Nachkriegszeiten Tausende von Besuchern anlockte. Es fehlte auch nicht der Hinweis auf das dem Vereinsheim gegenüberliegende historische Toilettenhäuschen, das nicht mehr zu seinem ursprünglichen Verwendungszweck zu
nutzen ist und bei dem die „Damenseite“ inzwischen abgerissen wurde.
Dirk Lehmhaus, Mitarbeiter im Grünflächenamt der Stadt Dortmund und NABU-Mitglied,
informierte die Teilnehmenden über den Mengeder Heimatwald, der anschließend durchquert wurde und der natürlich weiter besteht, obwohl der tragende Verein inzwischen aufgelöst wurde. Ein Blick nach rechts zeigte, dass die geräuscharmen Rasenmäher, eine Schafherde, ihre Tätigkeit aufgenommen hatten. Als Hingucker auch bei verhangenem Himmel präsentierte sich das Wohnhaus an der Altmengeder Straße 119. Die ehemalige landwirtschaftliche Hofstelle wurde 1891 errichtet. 1994 erwarb die Familie Lehmhaus das Anwesen und sanierte es in unzähligen Arbeitsstunden liebevoll unter Einhaltung der Denkmalschutzvorschriften.
Rechts neben dem Gebäude befindet sich der Zuweg zum Obstbaummuseum der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Hier erfährt man viel Wissenswertes über unsere alten westfälischen Obstsorten mit den klangvollen Namen wie Augustbirne, Langsüßer oder Schöner aus Boskoop. Die hier angesiedelten Bienen sieht Lehmhaus nicht so positiv, weil sie die heimischen Völker verdrängen. Das Museum bringt ihm auch schon mal ungebetene Gäste, die meinen, sein Haus gehöre zum Museum, anklingeln oder in seinem Garten Rast machen.
Nach einer kurzen Pause an der ehemaligen Gaststätte Schaarmann führte der Schnadegang die Gruppe zur Heckrinder-Weide im Naturschutzgebiet „Im Siesack“.
Hier konnte Dirk Lehmhaus den Teilnehmern interessante Informationen über die Heckrinder geben: Dass sie das Ergebnis von Rückzüchtungsversuchen zum Auerochsen durch die Gebrüder Heck sind, dass sie trotz des Lebens unter nahezu wilden Bedingungen zur den Hausrindern zählen und dass im Wesentlichen für sie die gleiche Schlachtordnung gilt. „Um die Population bei etwa 25 Rindern konstant zu halten, mussten wir die bis zu 900 Kilo schweren Tiere bis vor wenigen Jahren lebend zum Schlachthof bringen. Das bedeutete für sie viel Stress. Zum Glück dürfen sie inzwischen abgeschossen werden.“ Im Siesack wurden sie vor allen Dingen angesiedelt, um unliebsame Besucher aus dem geschützten Gebiet herauszuhalten. Ganz besonders stolz ist er auf den ersten Bruterfolg eines Weißstorchenpaares in diesem Jahr, wobei es vorher noch nie brütende Störche im gesamten Dortmunder Gebiet gegeben hat. Lehmhaus war maßgeblich an dem Aufstellen des Storchenmastes beteiligt. Doch es sollte Jahre dauern, bis ein Storchenpaar ihn als Nistplatz annahm. Der Naturkundler verwies auch noch auf seltene Vogelarten wie den Neuntöter und auf angesiedelte Ringelnattern in diesem Gebiet.
Damit die Wetterprognosen wenigstens halbwegs stimmten, setzte jetzt ein Starkregenguss ein, der die gut ausgerüsteten und immer noch gutgelaunten Wanderer nicht abschreckte und auch bald wieder aufhörte. Auf Gut Königsmühle, dem Domizil der Stiftung „help and hope“, wurde die Wandergruppe von der ersten Vorsitzenden, Sandra Heller, empfangen. Nach einer kurzen Stärkung mit Bratwurst, Kaltgetränken, Kaffee und Kuchen am und im Landcafé „Kleiner König“ hatten die Teilnehmer bei einem Rundgang über das Gelände die Gelegenheit die Räumlichkeiten von innen zu besichtigen. Sandra Heller konnte dabei ihren Gästen einen umfangreichen Überblick über die Tätigkeiten und Ziele der Stiftung geben. Die Besucherinnen und Besucher waren sehr beindruckt von den nach pädagogischen Erkenntnissen angelegten und neu ausgestatteten Räumen und auch von den Zukunftsplänen wie der Einrichtung einer Jugendherberge. Der Rückweg führte auf dem Emscherweg zurück zum Heimathaus, wo der Schnadegang seinen Ausklang fand. Viele der Teilnehmenden äußerten ihr Lob über diese wieder einmal gelungene Veranstaltung.
Ralf Obernier/Diethelm Textoris
Mit dem Heimatverein unterwegs
Besuch des „Ruhricals“ im Heinz-Hilpert- Theater Lünen
Seit einigen Jahren bietet der Heimatverein Mengede gemeinsame Theaterbesuche ausgesuchter Stücke im Heinz-Hilpert-Theater an. Im September stand ein besonderes Stück auf dem Programm, das wie kaum ein anderes eng mit unserer Heimat verbunden ist. Wir erlebten mit den „Ruhrical“ und dem fiktiven Sender „Radio Ruhrpott“ eine Ode an unser Revier, warfen einen Blick auf seine Geschichte, seine Tradition, seine Kultur und seine Menschen, rückwärtsgerichtet und doch vorwärts orientiert.
Am Anfang stand die Begrüßung des Publikums, eher derb als freundlich, von „Hausmeister“ Erwin Machulke (Bernd Böhne). Markenzeichen Kittel, Schlägermütze, Hawaiihemd, schiefe Zähne und Knappschaftsbrille. Eine sich entwickelnde Kultfigur in der Tradition von Hape Kerkelings Horst Schlämmer. Kurz darauf ging er „on air“, Sam Maldock (Michael Ophelders), der wortgewandte und ausdrucksstarke Disc-Jockey von „Radio Ruhrpott“, der an den legendären und über die Grenzen des Reviers beliebten Mal Sandock erinnern sollte. Und gleich im ersten Lied des Ensembles gab es eine Liebeserklärung an das Ruhrgebiet, der noch viele folgen sollten, explizit und auch unterschwellig. „Ruhrpott, mein Ruhrgebiet, das Land, das ich so liebe, mein Platz auf dieser Welt.“ Einer der sechs Titel, die extra für dieses Stück geschrieben wurden. Die übrigen, kunstvoll in die Bühnenhandlung eingeflochtenen Stücke stammten von Fremdautoren. Doch alle zeichnen sich darin aus, dass sie über ihre Inhalte, die Autoren oder die Originalinterpreten eng mit dem Revier verbunden sind.
In Erinnerung an Friedel Hensch und die Cyprys strahlte der „Mond von Wanne-Eickel“
zum Tangorhythmus, von Jürgen Marcus aus Herne ertönte „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“, und von Bennie Quick aus Essen dröhnte ohrenbetäubend die „Motobiene“ in den Saal. Auch die Spitzenhits der Neuen Deutschen Welle sind eng mit dem Ruhrgebiet verbunden. Nena kommt aus Hagen, ihre „99 Luftballons“ eroberten sogar Amerika, mit Geier Sturzflug aus Bochum wurde in die Hände spuckend das Sozialprodukt gesteigert. Marc Stahlberg ließ, sehr nah am Original, als Helge Schneider Double die textlich äußerst anspruchsvollen Lieder „Fitze, Fitze, Fatze“ und „Katzeklo“ erklingen. Neben der Kultur bekam auch der im Revier verankerte Fußball seinen Platz eingeräumt.
So kamen auch die Fans von Schalke 04, Borussia Dortmund, VFL Bochum und MSV Duisburg
auf ihre Kosten. Die geradezu legendären Stimmen der Sportreporter Werner Hansch und Manni Breuckmann erklangen und waren Musik in den Ohren der Fußballfans. Klar, dass die Borussia in Lünen vom Publikum den meisten Applaus erhielt. Entsprechend dem Rio-Reiser-Song wurde auch der König vom Ruhrgebiet gekürt. Das konnte nur einer sein: Hausmeister Erwin Machulke. Zwischendurch immer wieder mitreißende Tänze in originellen Choreo-grafien mit Tänzern und Tänzerinnen in farbenfrohen Kostümen. Die zentrale Säule der Musica -Handlung ist die Liebesgeschichte zwischen dem Vor-Kohle-Arbeiter Peter Richards, genannt Ritchie (Jonas Pieper) und Petra (Anni Herget). Einziger Klotz auf dem Weg zum Glück ist Petras Vater, der Reviersteiger Ernst von Bodelschwingh (Bernd Böhne), der zu allem Unglück auch noch Ritchies äußerst strenger Vorgesetzter ist.
Doch die wundersame Kraft des Ruhrgebiets lässt die Kontrahenten und damit letztendlich auch die Liebenden glücklich zueinander finden. Um das Happy-End perfekt zu machen, machen Ritchie und Petra auch noch mit Hilfe von Sam Maldock und Dieter Pokorny (auch Bernd Böhne) musikalisch Karriere.
Die Aufführung wurde vom Publikum im nahezu ausverkauften Haus und natürlich auch von uns Mengedern begeistert aufgenommen: lautstarker Applaus, stehende Ovationen, manche Tränen in den Augen beim neu arrangierten Steigerlied und ein unverhohlener Stolz beim Mitsingen von „Wir sind das Ruhrgebiet.“ Nach der Vorstellung gelang es noch einigen von uns, mit den Hauptdarstellern auf ein gemeinsames Foto zu kommen. Franz-Josef Fedrau, der uns den Musical Besuch vorgeschlagen hatte und sich mit seiner Familie das Stück zum zweiten Mal ansah, urteilte: Hier in Lünen hat es mir noch besser gefallen als in Castrop. Auf mehrfachen Wunsch werden wir am 16. Dezember nochmal die Vorstellung mit den 12 Tenören besuchen, die uns schon in der letzten Spielzeit begeisterten.
Diethelm Textoris
Serie Kioskgeschichten (2)
Trinkhalle am „Schlagbaum“
Rasten und Tanken, Große Riedbruchstr. 1
Der Name der Trinkhalle Am Schlagbaum leitet sich von ihrem Standort auf der Stadtgrenze zu Waltrop ab, wo Reisende sich früher anmelden mussten oder einen Obolus zu entrichten hatten. Das dazugehörige Haupthaus wurde bereits im Jahr 1773 (Inschrift über dem Dielentor) errichtet.
1925 errichtete die Eigentümerfamilie hier am Ortsausgang von Mengede
eine Trinkhalle und im Zuge der beginnenden Motorisierung wurde das Gelände 1933 durch die ersten Zapfsäulen auf Mengeder Gebiet ergänzt. Da Tankstellen damals ausschließlich Treibstoffe verkauften, konnte man sich dort bequem mit Reiseproviant versorgen.
Nach dem Krieg wurde dort dann eine moderne Tankstelle erbaut und die Trinkhalle modernisiert.
Beide Objekte profitierten von ihrer günstigen Lage an der Waltroper Straße, damals die Hauptzufahrtstrasse zur alten Auffahrt auf die A2 in Mengede. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich die Trinkhalle in den folgenden Jahren zu einem beliebten Treffpunkt für Fernfahrer, die damals noch nicht unter Zeitdruck standen, Außendienstler und auch die Nachbarschaft. Entscheidender Pluspunkt für die Trinkhalle war, dass sie auch über Sitzplätze verfügte, so dass dort auch Speisen und Getränke u.a. auch das ein oder andere Kaltgetränk konsumiert werden konnte.
Diese Zeiten änderten sich mit dem Bau der A 45, A42 und dem Ausbau der Autobahnauffahrt Mengede zum großflächigen Kreuz Dortmund Nordwest. Der Zugangsverkehr zur BAB wurde nunmehr über die ebenfalls neu gebaute Emscherallee geleitet, die Waltroper Straße endete als Sackgasse vor der Lärmschutzwand.
Gleichwohl ging der Kioskbetrieb bis Anfang 2000 weiter. Dann wurde er wegen einer Erkrankung der letzten Inhaberin eingestellt.
Peter Windgätter
Die Litfaßsäule
Revolution der Plakatwerbung im 19. Jh.
Die Litfaßsäule war im 19. Jh. der Werbeträger schlechthin. Auch das Amt Mengede entschloss sich 1912, Bürger über dieses Medium zu informieren, aber wie kam die Säule zu ihrem Namen?
„Burghof“ vor 1926 (Ecke Siegen-/Mengeder Straße
Ernst Litfaß, ein bekannter Berliner Buchdrucker, geistiger Vater und geschäftlicher Unternehmer der damaligen Anschlagsäulen, kam 1854 auf die Idee, für Bekanntmachungen architektonisch schöne Säulen zu verwenden anstatt Plakate u.a. an Straßenecken, Brunnen, Brücken, Häusern, Zäunen usw. anzukleben. Litfaß wollte damit auch verhindern, dass Wind und Wetter mit zerfetzten Plakaten die Gegend verunstalteten.
Geldgeber des Unternehmens war der im 19 Jh. bekannte Zirkusleiter Ernst Renz. Mit großem Eifer arbeitete Litfaß einen Plan aus. Nach Genehmigung des Vorhabens durch die Stadt Berlin bekam er den Auftrag, 150 Säulen für Berlin, die gleichmäßig in der Stadt verteilt werden sollten, anzuschaffen. Am 20. April 1855 wurde das Fundament der ersten Säule gelegt, und am 1. Juli konnten sämtlich 150 Säulen der öffentlichen Benutzung übergeben werden.
Litfaßsäule am Bahnhofsvorplatz (links „Alte Apotheke“, rechts das spätere Kino: „Lichtburg“)
Die Gemeinde Mengede beschloss am 16.02.1912 die Aufstellung der ersten zwei Plakatsäulen. Eine für den Bahnhofsvorplatz und die andere sollte an der Ecke Bahnhof- Nordstraße vor der Wirtschaft Schmidt (Burghof) aufgestellt werden.
Geliefert wurden die Säulen von einer Duisburger Firma, das Sockelmauerwerk schuf die noch heute in Mengede ansässige Firma Nickel, und für die Nutzung der Werbeflächen wurde mit der Druckerei der Mengeder Zeitung zunächst ein Vertrag bis zum 31. März 1914 geschlossen.
Die ansehnlichen Werbeträger fehlen leider im heutigen Stadtbild, sie sind anderen Werbeformen gewichen, geblieben sind lediglich Ansichten früherer Zeit.
Franz-Heinrich Veuhoff
Notruf 110 und 112
Den Eltern eines tödlich verunglückten Jungen verdanken wir die lebensrettende Einrichtung
Eine Woche vor seinem neunten Geburtstag wurde Björn Steiger 1969 von einem Auto angefahren. Erst nach einer Stunde traf ein Krankenwagen ein, in dem es damals weder einen Notarzt noch eine medizinische Versorgung gab. Der Junge starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Fortan machten es sich seine Eltern mit einer nach ihrem Sohn benannten Stiftung zur Lebensaufgabe, den Aufbau eines Rettungswesens in Deutschland voranzubringen. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass am 23. September 1973 die bundesweiten Notrufnummern 110 und 112 eingeführt wurden.
Ende der 1960er-Jahre gab es in der Bundesrepublik Deutschland nur in einigen Großstädten einen einheitlichen Notruf. War jemand außerhalb einer solchen Metropole auf Hilfe angewiesen, musste man erst einmal die Nummer der nächsten Polizei- oder Feuerwache im Telefonbuch nachschlagen. Auch rund um die Uhr besetzte Rettungsleitstellen gab es nicht. Deren Aufbau und eine Vereinheitlichung des Notrufsystems, so die Erklärung der damals politisch Verantwortlichen, sei zu teuer.
Damit aber wollten sich Ute und Siegfried Steiger nach dem Tod ihres Sohnes nicht mehr zufriedengeben. Sie stellten sich u.a. die Frage, warum viele Taxen Sprechfunk hatten, Krankenwagen aber nicht. Sie wandten sich an Hilda Heinemann. Von der Ehefrau des Bundespräsidenten erhielt das Paar moralischen Zuspruch und gründeten mit Gleichgesinnten einen Verein, die spätere Björn Steiger Stiftung.
Der Stiftung war die Einführung eines einheitlichen Notrufsystems vor 50 Jahren zu verdanken. Doch die Stiftung, das Lebenswerk der Familie, stieß noch viele weitere, bahnbrechende Veränderungen an. Zu diesen gehörten unter anderem Notrufsäulen am Straßenrand oder auch die Luftrettung.
Von Siegfried Steiner ist die Schilderung eines bewegenden Momentes bekannt. Damals, so seine Worte, sei eine 19-Jährige auf ihn zugekommen und habe gesagt: „Dass ich am Leben bin, verdanke ich Ihnen.“ Ein Baby-Notarztwagen der Stiftung habe ihr das Leben gerettet.
Franz-Heinrich Veuhoff
Aus: „Soziales im Blick“ – Mitgliederzeitung Sozialverband Deutschland, Sept. 2023 und eigene Recherchen
Redensarten
Das kann kein Schwein lesen
Tagtäglich wurden wir in der Schule aufgefordert, leserlicher zu schreiben und der Vorwurf lautete nicht selten: „Das kann ja kein Schwein lesen.“
Aber wieso brachten die Schulmeister unsere Krakelei mit den Haustieren in Verbindung? Die konnten wirklich nichts dafür, denn die Redensart geht auf eine Gelehrtenfamilie im damaligen Bauernstaat Dithmarschen, ein Kreis in Schleswig-Holstein zwischen Nordsee, Eider, Elbe und Nord-Ostsee-Kanal zurück.
Eine großbäuerliche Oberschicht gab im späten Mittelalter in der Region den Ton an. An erster Stelle stand dabei die Familie Swyn (plattdeutsch für „Schwein“). Aus ihr gingen Richter und Ratsherren hervor – die Swyns galten also allgemein als gebildete Leute.
Zuständig für die Beglaubigung von Dokumenten war zu jener Zeit der Landvogt Marcus Swyn. Konnte man das jeweilige Schriftstück nicht entziffern, dann sagten die Leute: „Dat kann keen Swyn lesen!“ Die Swyns gerieten in Vergessenheit. Erst später übertrug sich die Redensart auf die Paarhufer gleichen Namens, und darum muss unser Schwein heute für diese Redensart herhalten.
Franz-Heinrich Veuhoff
Wir sind online! Schauen Sie mal rein:
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