Nr. 61

Dezember 2022

21. Jahrgang

Liebe Heimatfreundinnen, 

liebe Heimatfreunde,

am 24. Februar dieses Jahres hat die vielzitierte „Zeitenwende“ begonnen, die auch uns hier in Mengede deutlich spüren lässt, wie sich die Dinge um uns herum plötzlich verschieben, Liebgewonnenes nicht mehr so wichtig ist und viele andere, neue Dinge auf einmal einen ganz besonderen Stellenwert bekommen haben.

Auch deshalb ist es gerade jetzt besonders wichtig, allen Mitgliedern und Freunden des Vereins für ihr vielfältiges Engagement in den unterschiedlichsten Bereichen unseres regen Vereinslebens „Danke!“ zu sagen.

Der diesjährige Martinsmarkt mit seinen rd. 1.000 Teilnehmern sowie der gut besuchte Adventsmarkt rund um unsere schöne Remigiuskirche waren nun auch wirklich zwei herausragende und erfolgreiche Veranstaltungen, die insbesondere zum Ende eines Kalenderjahres noch einmal deutlich machten, wie wichtig das Miteinander und Füreinander-da-Sein für alle Beteiligten ist.

So wünschen wir allen Mitgliedern und Freunden des Vereins, aber auch allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Stadtbezirk Mengede eine besinnliche und ruhige Adventszeit, ein friedliches und frohes Weihnachtsfest sowie ein glückliches Neues Jahr.

Mengede, im Dezember 2022

Der Vorstand

H.-U. Peuser – J. Karlshaus – P. Jürgens – J. Küster – W. Hellmich

Adventsmarkt im Remigius-Kirchhof

Klein aber oho – gute Stimmung bei Musik, Glühwein und Currywurst

Adventsmarkt statt Weihnachtsstadt. So lautete das Motto vieler Mengederinnen und Mengeder am 03./04. Dezember. Sie zogen den Besuch in heimischer Umgebung einem Ausflug in die Innenstadt vor. Und tatsächlich musste der Adventsmarkt im Hof der ev. Remigius Kirche keinen Vergleich scheuen. Liebevoll gestaltete Marktstände, an denen Weihnachtsdeko – oft in Handarbeit gefertigt -, und allerlei Nützliches erworben werden konnte.

Vorbildlich war die Zusammenarbeit der ortsansässigen Vereine mit fleißigen Helfern. Denn bevor es losgehen konnte, mussten am Vortag die Marktstände aufgebaut werden, was bei kalten Temperaturen eine besondere Herausforderung war. Bezirksbürgermeister Axel Kunstmann sprach Grußworte zur Eröffnung und erinnerte daran, dass Corona dem Adventsmarkt eine zweijährige Pause verordnet hat. Das „Glühweinwetter“ machte sich dann aber schon am Samstag „bezahlt“. Am Stand des Heimatvereins gab es Glühwein und Punsch in mehreren Variationen – natürlich auch alkoholfrei.

Die Karnevalsgesellschaft Blau-Rot Mengede hatten die beliebten Brat- und Currywürste im Angebot. Viele private Initiativen ergänzten das attraktive Angebot mit allerlei „Hinguckern“. Als sehr angenehm wurden die zivilen Preise empfunden. Ein Vorgriff auf die Energiepreisbremse? An die Kinder wurde in besonderer Weise gedacht. Glücksrad, historisches Kettenkarussell, Tombola – alles, was das Kinderherz begehrt – fanden guten Zuspruch.

 Aber zu einem richtigen Adventsmarkt gehört natürlich auch ein musikalisches Programm. Petra Kern, Leiterin des Familienzentrums Emscherwichtel, bewies mit ihrem Chor, dass selbst die jüngsten Sängerinnen und Sänger schon textsicher die Lieder vortragen können. Der Chor der Regenbogen-Grundschule unter der Leitung von Sonja Jöher begleiteten ihre Advents- und Weihnachtslieder unterstützt mit schwungvollen rhythmischen Bewegungen. Besonders imponierend: Selbst die Kleinsten trugen im Anschluss Gedichte vor. Zahlreich erschienene Eltern, Großeltern und Verwandte waren begeistert. Da der angekündigte Nikolaus offensichtlich im Schnee steckengeblieben war, erhielten die Kinder zur Belohnung von „Ersatznikolaus“ Jürgen Karlshaus Stutenkerle überreicht. Zum Schluss trugen beide Chöre gemeinsam ein Weihnachtslied vor.

Am frühen Abend zeigten der Bläserchor der Noah Kirchengemeine und das Saxophonquartett „Alla Breve“ ihr Können. Auch hier lauschten viele Zuhörer den Interpretationen traditioneller Weihnachtslieder.

Der 2. Adventssonntag begann mit einem Gottesdienst. Nachdem der Nikolaus immer noch im Schnee steckte, stand der ökumenische Chor „Take Two“ auf dem Programm. Diese Vorstellung musste coronabedingt ausfallen. Hans-Ulrich Peuser, Vorsitzender des Heimatvereins, setzte sich kurzerhand an die Orgel und sorgte mit seinem virtuosem Spiel für einen Programmablauf ohne große Lücken.

Nachmittags herrschte immer noch reges Treiben rund um den Kirchhof. Der gemischte Chor „Stimmproblem“ war mit seinem Programm ein denkwürdiger Ausklang des Adventsmarktes. Viele Besucher zog es dann in die deutlich wärmeren Gefilde der Heimatstube zurück. Dort wurden die letzten Getränke konsumiert und Pläne geschmiedet, wann es einige von ihnen zur Innenstadt – in die große Weihnachtsstadt verschlägt.

Text und Fotos: Peter Kaufhold

St. Martin lockt 1000 Mengeder an 

Begeisterung über den Zuspruch bei den Organisatoren vom Heimat- und Gewerbeverein Mengede

 Zwei lange Jahre hat Corona vielen Kindern den Spaß am St. Martins-Umzug nicht gegönnt. „Aber jetzt erst recht“, sagten sich offenbar viele Familien und kamen mit ihren Kindern in Scharen in diesem Jahr zum Umzug. 1000 Menschen – Groß und Klein – waren nach Schätzungen von Polizei und Feuerwehr Sonntag (13.11.22) unterwegs. 

Zu Beginn beköstigten sich viele an den Verkaufsständen mit den beliebten Martinsbrezeln, tranken Glühwein und aßen Bratwürstchen (sogar vegan) vom Grill. Doch vorher ging es zur Ökumenischen Andacht in die historische Ev. St. Remigius Kirche im Mengeder Ortskern.

 „Prall gefüllt mit Jung und Alt wie ich sie lange nicht mehr gesehen habe“, war Hans-Ulrich Peuser begeistert. Er hatte die St. Martins-Geschichte interaktiv mit den vielen anwesenden Kindern vorgetragen und auf seine Fragen auch einige Antworten erhalten. Pfarrer Hubert Werning fügte den kirchlichen Beitrag hinzu und stimmte bekannte St. Martinslieder an.

Im Anschluss ging es rund um Mengede in einem kaum enden wollenden Umzug. Viele, z.T. selbst gebastelte Laternen, erhellten die dunklen Straßenzüge. St. Martin(a) in passender Uniform auf ihrem vom begleitenden Blitzlichtgewitter unbeeindrucktem Schimmel führte an. Polizei und (Jugend)Feuerwehr sorgten für den reibungslosen Ablauf.

Text und Fotos: Peter Kaufhold

„Auf dem Weg zu Weihnachten…“

Lesung im Heimathaus zum Ende der Stammtischreihe 2022

Der Maler, Bildhauer und Schriftsteller Paul Reding zu Gast im Heimathaus. Der Abend war der besinnlichen Adventszeit angemessen und half Abstand von der Hektik des Alltags zu gewinnen. 

Bereits zum fünften Mal veranstaltete der Heimatverein in der Vorweihnachtszeit eine Lesung mit dem bekannten Waltroper Künstler Paul Reding. Der ehemalige „Mengeder Realschüler“ berichtete von seiner langjährigen Tätigkeit als Schriftsteller, bei der ihm der Computer im Gegensatz zur alten Schreibmaschine eine große Hilfe sei – auch wenn sein Kater Aristoteles zwischenzeitlich die „Löschtaste“ betätige.

Im ersten Teil des Abends las der Verfasser aus seinen Kurzgeschichten und Gedichten, die von der Nachkriegszeit bis zu den Brennpunkten der Gegenwart führten.  Hier bildeten die Außenseiter und die Benachteiligten der Gesellschaft den Schwerpunkt. Dabei war zu erkennen, dass sich Flüchtlingsschicksale damals und heute immer noch sehr ähnlich sind und der Heimatgedanke eine wichtige Rolle spielt. Auch den Verlust der christlichen Grundgedanken des Weihnachtsfestes durch die Kommerzialisierung der Gesellschaft brachte er mehr als deutlich zum Ausdruck. 

Die Lesepausen wurden von Hans-Ulrich Peuser am Klavier überbrückt. Bei den bekannten Weihnachtsliedern stimmten die Besucher stimmgewaltig ein, sodass keine Langeweile aufkam.

Seine aktuelle Weihnachtsgeschichte „Bei den Hirten zuhause“ hatte er exklusiv für die Lesung in unserem Heimathaus geschrieben. Es ist ein Brief, den der junge Ahias an seinen Onkel Nikodemus geschrieben hat. Er hat die Stadt verlassen, um bei den Hirten auf den Feldern vor Betlehem zu leben. Ihm gefällt dieses andere Leben sehr. Er trägt die Verantwortung für die Schafe und wird von den Hirten anerkannt. Und mitten in dieser Aufzählung der Alltäglichkeiten erzählt er von der Geburt Jesu. Die Engel fordern die Hirten auf zum Stall zu gehen, um dem Kind zu huldigen. Sie wissen, dass ein wichtiger Wendepunkt – nicht nur in ihrem Leben – stattgefunden hat. 

 Neben den besinnlichen Tönen klang aber auch immer wieder die amüsante Seite des Autors durch. Wie beim letzten Mal las er aus „Ochs, Esel und andere Tiere im Stall zu Bethlehem“. Daraus konnten wir lernen, dass jede Menge anderer Tiere wie Hund, Katze, Maus und sogar Flöhe den Stall bewohnten. Mit der Geschichte über das Dromedar endete die Lesung. Paul Reding bedankte sich bei seinem „gut zuhörenden“ Publikum. Er blieb noch im Heimathaus, suchte mit den Anwesenden das Gespräch und beantwortete Fragen. Zum Abschied versprach er, im nächsten Jahr wiederzukommen. 

Paul Reding (Jahrgang 1939) ist Bildhauer, Maler und Schriftsteller. Geboren in Habinghorst besuchte er mit seinen Geschwistern in Mengede die Mittelschule (jetzt Albert-Schweitzer-Realschule) und wohnt heute in Waltrop. Er ist Absolvent der königlichen Akademie in Den Haag / NL. Gut 30 Bücher und 140 Broschüren sind bei der Staatsbibliothek Frankfurt / Leipzig registriert.  Auch die Fenster in der früheren evangelischen Kirche Deininghausen stammen vom ihm. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen prämiert. 2009 wurde er als „Waltroper Bürger des Jahres“ geehrt, und er hat den bronzenen Kiepenkerl in der Fußgängerzone geschaffen.   

Mengede ist er, auch über unseren Heimatverein, immer noch sehr verbunden.

Franz-Josef Fedrau

Gefängniszellen in Mengeder Amtshäusern

Die „gute alte Zeit“ vor 1889

Vor 200 Jahren sorgten nur wenige Personen für Recht und Ordnung in den Gemeinden. Einem der damaligen Hüter für Recht und Ordnung, dem Nachtwächter Heinrich Echterhof (1848 – 1907) errichtete die Stadt Castrop mit einer Darstellung auf dem Notgeldschein 1922 ein besonderes Denkmal mit der Aufschrift:

 

 

Heinrich im Düstern mit Wolfsspitz und Schwert hast Dich als Wächter von Castrop bewährt. Steig aus dem Grabe und blas uns zurück alte Gemütlichkeit und altes Glück.

Bis zur Bildung des Amtes Mengede 1889 unterstanden die Mengeder dem Castroper Bürgermeister.

 

 

 

 

Die erste Amtsverwaltung hatte bis 1904 ihr Amtshaus, Königstraße 28
(Standort: Wiese vor Kirche und Heimathaus)

 

Mit der Gründung des Amtes Mengede zum 1. April 1889 zog nicht nur die Verwaltung von Castrop nach Mengede, auch die Polizeigewalt ging auf das Mengeder Amt über. Das Gesetz vom 11. März 1850 galt zu dieser Zeit und die örtliche Polizeiverwaltung wurde nach den bestehenden Gesetzen von dazu bestimmten Beamten geführt. In der Provinz Westfalen war das nach der Landgemeindeordnung vom 19.03.1856 der zuständige Amtmann. Amtmann Carl Schragmüller war daher der oberste Wahrer der Sicherheit für die Mengeder Bürger.

Gründung des Amtes Mengede 1889

Geeignete Büroräume mussten erst beschafft werden und so zog die Amtsverwaltung vorübergehend am 08.05.1889 in das Haus des Kaufmanns Eberhard Baukloh, heute Mengeder Str. 707, bis am 15.08.1891 die alte Schule, die auf dem Platz vor der Ev Kirche und dem Heimathaus stand, geräumt war und von der Amtsverwaltung bezogen werden konnte. Im Anbau des ersten Mengeder Amtshauses waren auch die Gefängniszellen eingerichtet.

Die Polizeiangelegenheiten wurden durch einen Amtssekretär und einen Büroassistenten bearbeitet, schreibt Amtmann Schragmüller in seinem Verwaltungsbericht für die Jahre 1889 – 1902, und fünf Patrouillen-Bezirke mit je einem Polizeisergeanten waren eingerichtet, denen ein Kommissar vorstand. Ein Personalbestand, der schon nach kurzer Zeit zur Erledigung aller Aufgaben nicht mehr ausreichte.

Aus dem Bericht geht auch die Belegung des Gefängnisses hervor. Waren es 1889 noch fünf Personen mit 14 Tagen Haft, so stieg diese Zahl kontinuierlich auf 105 Personen mit insgesamt 163 Hafttagen im Jahr 1901 an. Hinzu kamen vorläufige Festnahmen mit kurzzeitiger Inhaftierung sowie Gefangenentransporte zu auswärtigen Haftanstalten.

In Einzelnen kam es zu folgen Handlungen in Verbindung mit Verhaftungen

 

1889

1893

1897

1900

1901

Pers in Haft

5

24

40

74

105

Hafttage

14

55

63

132

163

Festnahmen

14

43

51

139

195

Gefangenen Transporte

10

24

29

38

42

 

Neubau des Amtshauses 1904

Der Anstieg der Inhaftierungen und kurzfristigen Festnahmen bis 1901 macht deutlich, warum beim Bau des Amtshauses ein Gefängnistrakt im Kellergeschoss mit einem großen Vorraum und 6 Gefangenzellen eingerichtet wurde. Zum Freigang für die Inhaftierten wurde an der Südwestfront des Amtshauses ein Teil des Grundstücks mit einer hohen Mauern umgeben und als Gefangenhof hergerichtet. 

Die Polizeigewalt verlagerte sich 1928 nach der Eingemeindung zur Stadt Dortmund auf die Dienststellen in Dortmund, die Wache in Mengede blieb aber nach wie vor besetzt.

Ab 1933 wurde die Polizei zentralisiert und 1936 in zwei Dienstzweige unterteilt: die uniformierte Ordnungspolizei (Schutzpolizei, Gendarmerie, Gemeindepolizei), die bis zum Kriegsende 1945 bestand und die Sicherheitspolizei. Die nicht uniformierte Sicherheitspolizei, die insbesondere politische Delikte verfolgte, setzte sich aus Kriminalpolizei (Kripo) und Geheimer Staatspolizei (Gestapo) zusammen. 

Diese Neuorganisation hat vermutlich zum Umbau des Sockelgeschosses geführt. Es wurde den Anforderungen des Dritten Reiches angepasst und bauliche Maßnahmen gemäß der Sondermaßnahmen des Führers getroffen. Fünf Haftzellen machten Platz für die damaligen politischen Befehlshaber, wobei die noch vorhanden Beschriftungen einzelner Räume Spekulationen über deren Nutzung freien Raum lassen. U.a. können wir heute noch lesen: Vorschleuse, Befehlsstelle mit Durchreiche, Befehlsraum, Belegschaftsraum, zur Hauptschleuse und Notausgang.

Die Dokumentation über erfolgte Umbauten fehlt in den Akten, auch hier hat es – wie an anderen Stellen – an keiner Säuberung gefehlt. Von den sechs Gefängniszellen blieb nur die heute noch erhaltene bestehen. 

Nach 1945 blieben die Räumlichkeiten unverändert und dienten der Polizei u.a. als Verwaltungsräume. Die Haftzelle wurde bis Mitte der 70-er Jahre von der Polizei genutzt, aber selten gab es Inhaftierungen von mehr als einem Tag. Gründe zur vorübergehenden Haft waren u.a. Diebstahl, Hehlerei, Einbruch, Brandstiftungen und Wilddieberei. Aber auch Trunkenheit im Straßenverkehr, Festnahmen von Soldaten bei Entfernen von der Truppe oder Festnahme entwichener Jugendlicher, Urlaubsüberschreitung (aus der Haft) und letztlich führten auch Festnahmen im Auftrag von Amtsgerichten zur vorübergehenden Einsperrung hinter Gittern.

Der gesamte Gebäudekomplex des ehemals selbständigen Amtes Mengede steht einschließlich des Gefängnistraktes unter Denkmalschutz.

Im Januar 1992 bezog die Polizei die heutigen Diensträume im Gebäude Am Amthaus 13, eine Gefängniszelle sucht man dort aber vergebens.

Franz-Heinrich Veuhoff

„Unregelmäßigkeiten“ auf Minister Achenbach

 Beschwerde eines Kollegen an den Betriebsführer vom 13.Juni 1902:


Die Achenbach-Lok am Haltepunkt „Schlagbaum“

Herrn Betriebsführer Hotop 

Im Interesse der Zeche resp. des Betriebes halte ich es für meine Pflicht, Ihnen folgendes mitzutheilen. Die Lokomotive fährt mitunter 2–3-mal morgens zum Bahnhof Mengede. Herr H. fährt fast jedesmal mit nach dort und es dauert mitunter sehr lange bis die Maschine wieder kommt.
Ich habe es für nöthig gefunden, mich zu überzeugen, wo die Maschine so lange bleibt, und bin deshalb mit nach Mengede gefahren, welches Sie entschuldigen wollen. Herr H. und ich gingen dann vom Sammelbahnhof in eine Kneipe und tranken dort einen Schnaps, dann mußte H. zur Station und von dort in eine Wirtschaft in Mengede, wo wir uns einige Gläser Bier tranken. Dann ging es in eine Wirtschaft Brahms (heute unser Heimathaus), wo wir uns wieder einige Gläser Bier tranken. Ich macht Herrn H. aufmerksam, dass wir doch gehen müßten, Herr Hoppmann antwortete hierauf, die Lokomotive würde ein Signal geben, welches in der Wirtschaft zu hören sei. Ich möchte Sie nun bitten, im Interesse der Förderung doch diesen Übelstand abzuhelfen, damit wir im hiesigen Zechenbahnhof nicht so lange ohne Maschine sind, und mtl. die Förderung stehen haben.

Hochachtungsvoll und Glück auf

Jos. Sch. (Waschmeister)

Die Abschrift des Schreibens wurde am selben Tag dem Direktor Lange sowie durchlaufend dem Inspektor Gladen vorgelegt. Kurze und prägnante Antwort des Direktors Lange: Ich wünsche es nicht, dass ein Beamter seine Collegen in so einer Art und Weise bespitzelt. 

Solche Entscheidungen sind selten, Respekt Herr Direktor!

Franz-Heinrich Veuhoff

„In den Sack haun!“

Redensarten- ihr vermuteter Ursprung und ihre Bedeutung

Früher haben wir zur Weihnachtszeit als Kinder immer voller Begeisterung „O Tannenbaum“ gesungen. Nein, nicht die Zeilen mit den treuen Blättern. Sondern die Persiflage. „O Tannenbaum, der Kaiser hat im Sack gehaun, er kauft sich einen Henkelmann und fängt bei Krupp in Essen an.“ Von dem historischen Hintergrund hatten wir keine Ahnung. Meine kindliche Vorstellung ging dahin, dass der Kaiser irgendwie vor Wut in den Sack des Weihnachtsmanns gehauen hat und dann einen Beruf gefunden hat, bei dem er den ganzen Tag nur essen durfte. 

Entstanden ist diese Parodie unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg, als Kaiser Wilhelm II. sich nach der Novemberrevolution bei Nacht und Nebel in das neutrale Holland abgesetzt hatte, um nach einem Zwischenaufenthalt in Schloss Amerongen in Haus Doorn seinen Lebensabend zu verbringen. Dort soll er, wenn man den Historikern glauben darf, zwar nicht fortlaufend gegessen, aber bei Langeweile immer wieder Holz gehackt haben. Noch in Amerongen unterzeichnete er seine Abdankung, volkstümlich ausgedrückt, er hat „in den Sack gehaun“. 

Mit dieser Redensart soll also ausgedrückt werden, dass eine bestimmte Tätigkeit, eine Aktivität oder auch eine Initiative beendet wird. Bundesfinanzminister Hans Eichel räumte im Dezember 2002 Fehler in der Sparpolitik ein. Er resümierte, dass es aber nicht seine Art sei, „einfach in den Sack zu hauen, sobald es schwierig wird.“ Beim Vereinswechsel von Sportlern findet man in der Presse auch immer wieder diesen Ausdruck. Selbst in der Literatur finden wir Beispiele. So können wir in Claude Berells Novelle „Romeo und Julia“ lesen: „Mir stinkt das hier alles. Vielleicht hau ich morgen schon in den Sack.“ 

Über die genaue Herkunft dieser Redensart gibt es allerdings keine einhellige Meinung der Sprachwissenschaftler. Manche behaupten, sie sei uralt und stamme aus den Zeiten, als die Menschen ihr Hab und Gut in einen Reisesack warfen, um sich, aus welchen Gründen auch immer, so schnell wie möglich davon zu machen. Andere behaupten, der Ausdruck komme aus dem handwerklichen Bereich. Die Maurer hatten nämlich ihr Werkzeug in einem Leinensack. „Und wenn ich mit der Arbeit fertig bin, haue ich die Kelle in den Sack.“

Wie auch immer, klären können wir die Herkunft an dieser Stelle nicht.  Aber vielleicht bereiten Sie dieses Jahr Ihren Kindern oder Enkeln eine Freude, indem sie vom Originaltext abweichen und lauthals die weniger bekannte Version singen: „O Tannenbaum, der Kaiser hat in Sack gehaun, die Prinzen müssen hamstern gehen, Cäcilie muss Granaten drehn.“ Es muss ja nicht unbedingt beim Weihnachtsgottesdienst sein, es kann ja auch zu festlicher Stunde zu Hause geschmettert werden. Auf jedenfalls regen Sie damit die kindliche Phantasie an, denn eigentlich kann der Nachwuchs mit den Ausdrücken „hamstern“ und „Granaten drehn“ wenig anfangen.

Diethelm Textoris