Visuelle Rekonstruktion: Haus Mengede – die mittelalterliche Wasserburg an der Emscher

Wie auf der Mitgliederversammlung am 25.04. angekündigt, geht der Heimatverein Mengede sein nächstes außergewöhnliches Projekt an:
Die „Visuelle Rekonstruktion der ehemaligen Burganlage Haus Mengede“

Vom Heimatministerium in Düsseldorf gefördert, wird das Haus Mengede digitalisiert. So können Besucher eine Zeitreise durch die Geschichte dieser „Burg“ machen.

Der Auftrag wurde bereits an den Dortmunder Digital-Spezialisten Dr. Benjamin Weber erteilt. Der Heimatverein hofft, dass das Projekt bis Ende 2024 abgeschlossen sein wird.

Der genaue Ablauf und die Möglichkeiten sind in dem Artikel der Ruhr Nachrichten vom 24.04. 2024 sehr gut erläutert. (Text s. unten)

Ruhrnachrichten vom 24.24.2024

Bodendenkmal: Besucher können Mengeder Burg bald digital erleben
Mittelalterliche Mauern im Rasen: Derzeit sind sie noch ein Bodendenkmal am Emscher-Weg. Schon bald können Besucher hier 700 Jahre Geschichte digital erleben.


Von einer Seite versteckt hinter Gewerbebetrieben, von der anderen direkt am Emscher-Weg liegt das Bodendenkmal. Nur noch mittelalterliche Grundmauern sind in der von Bäumen umsäumten Wiese in Dortmund-Mengede sichtbar. Das Areal liegt hinter einem grünen Gittermattenzaun.

Haus Mengede: In den vergangenen Jahren hat die Stadt Dortmund das Bodendenkmal aufwändig restauriert. In einem nächsten Schritt will das Grünflächenamt die Außenanlage erneuern und öffnen. Radfahrer und Wanderer finden dann einen einladenden Ort zur Rast am Emscher-Weg vor.

Bei dem Aufenthaltsort allein soll es aber nicht bleiben. Touristen und Einheimische sollen das pulsierende Leben auf der einstigen Burg erleben können. Mehr noch: Sie sollen sich auch ein Bild vom Wandel des Adelssitzes über die sieben Jahrhunderte vom Bau bis zu seinem Abriss vor rund 50 Jahren machen können.

Denkmal digital erleben

In einem vom Heimatministerium Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt macht der Heimatverein Mengede den Adelssitz Haus Mengede begeh- und erlebbar. Schon bis Ende 2024 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, erklärt Vereinsvorsitzender Hans-Ulrich Peuser im Gespräch mit unserer Redaktion.Der Dortmunder Digital-Spezialist Dr. Benjamin Weber entwickelt eine Handy-App, die die Besucher anhand von Extended Reality auf eine Zeitreise mitnimmt. Textliche Informationen knüpfen an die visuelle Animation der digitalen Modelle an. Die Betrachter machen eine Zeitreise in die jeweilige Bauphase. Sie begegnen den Besitzern der Burg und sehen das Leben auf und mit der Burg. Gleichzeitig werden sie Zeugen zeitgleicher historischer Ereignisse. Jeder betrachtete Zeitabschnitt des Adelssitzes lasse sich „spielerisch in den historischen Kontext bringen und regionalen und überregionalen Ereignissen verknüpfen“, heißt es in der Projektbeschreibung.Rund um das Bodendenkmal werden Tafeln mit 2D-Barcodes stehen, über die sich die Besucher multimedial über Haus Mengede informieren können. Im nur 150 Meter entfernten Heimathaus an der evangelischen Remigiuskirche hält der Heimatverein für Führungen Virtual-Reality-Brillen bereit. Mit ihnen erleben die Besucher die Vergangenheit lebensecht in 3D.

„Die digitale Rekonstruktion der Wasserburg ‚Haus Mengede‘ soll das ‚verlorene‘ Erscheinungsbild des Adelssitzes wieder erlebbar und dessen Geschichte verstehbar machen“, heißt es in der Projektbeschreibung. 700 Jahre gab es die Befestigungsanlage im Emschertal.

Um 1260 entstand Haus Mengede als Sitz der Familie von Mengede. Über die Jahrhunderte wechselten mehrfach die Besitzer. Von 1421 bis 1610 war es im Besitz der Herren von Bodelschwingh. Von 1753 bis 1961 gehörte es den Drosten zu Vischering.

Burg und Vorburg standen auf einem Erdwall in einem 120 mal 80 Meter großen Hausteich. Die Emscher speiste die Gräfte. Der erste Bau der Burg war offenbar ein etwa 11 mal 9 Meter großer Wohnturm, der zu einem L-förmigen zweiflügeligen Gebäude erweitert wurde. Die Bauform ist typisch für die Epoche der Spätgotik.

Bis 1723 hatte Haus Mengede Schießscharten, Wehrmauern und Befestigungsanlagen. Sie wurden bei einer umfassenden Modernisierung entfernt, das Haus erhielt große Fenster. Bis zu seinem Abriss im Jahr 1968 behielt der Adelssitz diesen äußeren Charakter bei. 1965 war das verlassene und verfallene Haupthaus niedergebrannt. Letzte Eigentümerin war die Stadt Dortmund. Neben der Modernisierung im Jahr 1723 gab es weitere Umbauten des Gutshofs. Die Fundamente und ebenerdigen Keller blieben dabei offenbar unangetastet. Sie sind das heute sichtbare Bodendenkmal und dokumentieren den Charakter der ältesten Bauphase aus dem 13. Jahrhundert. Die sichelförmige Vorburg stand auf einer eigenen Insel. Auf ihr befand sich spätestens seit dem 17. Jahrhundert eine Kapelle. Sie diente den Katholiken, die nach der Reformation aus der nahegelegenen alten Remigiuskirche vertrieben wurden, als Pfarrkirche. 1899 brannte die Kapelle ab.

Mühle an der Emscher

Seit 1306 stand auf der Vorburg ein weiteres befestigtes Gebäude: Der sogenannte Aphof war nach einem Dokument aus dem Jahr 1504 ein Schloss mit Toren, Mauern, Gräben und Bergfried und Sitz von Teilen der jeweiligen Besitzerfamilie. Das eigene Rittergut wurde wahrscheinlich schon im 16. Jahrhundert abgerissen.

1902 wurde die Gräfte zugeworfen. Es bedeutete das Ende der Wasserburg. Die Emscher bekam etwa zu dieser Zeit ihren heutigen kanalartigen Lauf nördlich des Gutshofes. Ebenfalls 1902 entstanden im Süden von Haus Mengede neue Wirtschaftsgebäude. Eines davon ist erhalten, steht an der Waltroper Straße und beherbergt die Firma Autokrane Wiemann. Wo heute der Verkehr über die Verlängerung des Burgrings fließt, stand früher eine Mühle – angetrieben durch die Wasserkraft der Emscher. Die Stichstraße zwischen Autokrane Wiemann und den östlich davon gelegenen Autohäusern war einst die Zuwegung zum Haus Mengede.

Die heutige Waltroper Straße endete hier als breiter Weg zwischen der Burg aus dem Mittelalter und dem alten Ortskern. Zwischen den markanten Fachwerkhäusern am Wiedenhof und dem Weg floss die Emscher. Westlich der Mühle und der heutigen Sackgasse am Christel-Goltz-Platz erstreckte sich ein Mühlenteich.

Die Idee für die digitale Inwertsetzung von Haus Mengede sei schon vor rund zehn Jahren im „Arbeitskreis Alt Mengede“ des Heimatvereins entstanden, erzählt Hans-Ulrich Peuser. Nach zahlreichen Gesprächen mit Stadtämtern, Denkmalschützern und Benjamin Weber stand das Projekt. Die digitale Erlebniswelt von Haus Mengede kostet rund 100.000 Euro. 90 Prozent davon fördert das Land.

Uwe von Schirp
Fotos: Heimatverein (Archiv)