„Back to the Roots“
Der diesjährige Schnadegang des Heimatvereins am 3. Oktober verlief auf den Spuren des ersten.
Es war die Idee des damaligen Vorsitzenden Paul Gausepohl, der die alte Tradition der Grenzbegehung im Jahre 2004 wieder aufleben ließ und mit seinen Schnadegängern nach dem Kataster von 1826 den Grenzverlauf zum Stadtbezirk Huckarde in Augenschein nahm. Treffpunkt war in diesem Jahr die Gaststätte „Im schönen Wiesengrund“ in Westerfilde, wo die Teilnehmer mit beschwingter Musik aus einer tragbaren Soundanlage empfangen wurden.Wanderführer Diethelm Textoris, der zusammen mit Franz-Heinrich Veuhoff und Jürgen Utecht die Veranstaltung vorbereitet hatte, wies zur Begrüßung auf die frühere Bedeutung der Schnadegänge hin: „„Der Schnadegang ist ein alter westfälischer Brauch, dessen Wortbedeutung etwas mit Schneiden und Beschneidung zu tun hat“, erklärte er. Doch bevor sich bei den Anwesenden Verstümmelungsängste breit machen konnten, ergänzte er: “Die Grenzen wurden nicht nur kontrolliert und Grenzsteine wieder richtig positioniert, sie wurden auch von Astwerk und Sträuchern freigeschnitten.“ Er wies darauf hin, dass mit der Einführung der Katasterämter im Jahre 1817 diese Schnadegänge überflüssig waren und der preußische Staat die Regierungsbezirke anwies, keine Genehmigung mehr zu erteilen, weil die Gänge immer wieder ein willkommener Anlass für Trinkgelage und alkoholische Exzesse waren: „ Heute haben die Schnadegänge aber nur noch eine nostalgische Bedeutung. Sie werden aber in vielen Gemeinden im Sinne Traditionspflege fortgeführt.“ Bevor die Teilnehmer mit dem gemeinsam gesungenen Lied „Wem Gott will rechte Gunst erweisen“ ihren Rundgang starteten, gab es noch eine Überraschung. Heimatvereinsvorsitzender Hans Ulrich Peuser rief pünktlich zum Abmarsch von seinem Feriendomizil auf Texel an und konnte, lautsprecherverstärkt, die Wanderer mit guten Wünschen auf die Reise schicken und gab eine spontane Zusage: „Jeder Teilnehmer erhält zum Abschluss der Veranstaltung das erste Getränke auf Vereinskosten.“ Nach einem 20-minütigen Gang durch den Wald war das Schloss Westhusen der erste Anlaufpunkt. Franz-Josef Veuhoff berichtete in der Parkanlage vor dem Schlossgebäude von der Geschichte des Herrenhauses von der ersten Wasserburg im Jahre 1332 über den Neubau im Jahre 1628 und den Erwerb des Gebäudes durch die Gelsenkirchener Bergwerks AG im Jahre 1923 bis zu seiner heutigen Nutzung als „Seniorenresidenz Alloheim“. Reinhild Heydasch vom Sozialdienst der Einrichtung zeigte den Besuchern einen Teil des Gebäudeinneren. Dabei erfuhren sie eine Reihe von interessanten Einzelheiten: Das Seniorenheim mit insgesamt 111 Mitarbeiter verfügt über 146 Pflegeplätze, wobei in den letzten Jahren gemäß den gesetzlichen Anforderungen Doppelzimmer in Einzelzimmer umgewandelt wurden. Um den Heimbewohnern den Abschied von ihrem früheren Leben zu erleichtern, können sie persönliche Dinge mitbringen, die zentral gelagert und bei passender Gelegenheit genutzt bzw. präsentiert werden. Haustiere, vom Wellensittich bis zum Hund, sind in Abstimmung mit der Pflegeleitung erlaubt. „Wichtig ist, dass unsere Gäste das Gefühl haben, willkommen zu sein und sich wohlfühlen.“
Weiter ging auf einem breiten Weg entlang der Bahnschienen der U 47 (frühere Straßenbahnlinie 5) nach Obernette. Vor der ehemaligen Diskothek Bonanza gab es den nächsten Stopp. Diethelm Textoris erinnerte an die Glanzzeiten des legendären Musikschuppens, in dem von 1967 bis 1985 mehr als 100 berühmte Sänger und Gruppen live auf der Bühne gestanden haben: The Sweet, Middle of the Road, Percy Sledge, Ohio Express, Cats, Easybeats und Golden Earing, um nur einige zu nennen. Dabei vergaß er nicht, auf die Erinnerungsveranstaltung an die frühere Mengeder Diskoszene am 27. Oktober im Saalbau hinzuweisen, für die es nur noch wenige Karten gibt.
Im Rahmer Wald machte die Gruppe halt an der Familiengrabstätte der Herren von Westhusen, die sich heute in einem erbärmlichen Zustand befindet. Die Umgitterung ist zerstört, die Grabsteine sind verworfen, verwittert und zugewachsen, die Grabstellen geplündert. Letzter Anlaufpunkt des Rundganges war das alte Forsthaus im Rahmer. Hier hatten beim Schnadegang 2004 der damals neue Mengeder Bezirksvorsteher Bruno Wisbar und sein Huckarder Amtskollege Harald Hudy ein humoriges Streitgespräch über die Besitzansprüche von Mengede und Huckarde geführt und das Problem mit einem Schnaps vertagt. „Eigentlich ist es bis heute nicht gelöst“, stellte Werner Locker fest, der sich daran erinnerte, dass die Huckarder den Mengedern als Tausch für das Forsthaus ein Sumpfgebiet in Westerfilde angeboten hatte. Der Tausch wurde aber nie realisiert, inzwischen wurde die flurgrenzen stillschweigend verschoben. Teilnehmer, die schon 2004 dabei waren, erinnerten sich daran, dass beim ersten Schnadegang eine Eiche bepflanzt wurde. Doch die suchten sie vergebens, obwohl sie sich genau an die Pflanzstelle erinnerten. Franz-Heinrich erzählte ein paar Anekdoten vom früheren Förster Lachmann. Er ging auch auf die geplante zukünftige Nutzung ein. Die Kreisjägerschaft, Wald und Holz NRW und der Imkerverein Derne werden nach Abschluss der Sanierung das Gebäude von der Stadt Dortmund als Schulungs- und Vereinsstätte anmieten.
Nach dem 8 Kilometer langen Rundgang war die Gaststätte „Im schönen Wiesengrund“ wieder erreicht. Die dortige Gastronomie hatte flexibel auf die erst am Morgen gemeldete Teilnehmerzahl reagiert bot im Biergarten Grillwürstchen und Erbsensuppe an. Schnell war die Gruppe auch mit Getränken versorgt, wobei das erste besonders gut schmeckte, weil es ja auf Kosten des Heimatvereins ging.