Der Steiger – nicht nur im Bergbau ein Beruf

Fragt man im Ruhrgebiet Menschen nach dem Begriff „Steiger“, bekommt man spontan die Antwort: Das ist ein leitender Zechenbeamter!

Doch so einfach ist die Antwort nicht, denn auch die Feuerwehren hatten den „Steiger“! Aber der Reihe nach:

Sensationell wurde über den Verlauf des Theaterbrandes in Karlsruhe vom 28. Februar 1847 berichtet, bei dem ein neu aufgestelltes „Pompiercorps“ aus Durlach in kurzer Zeit an der Brandstelle Löscharbeiten aufnahm. Der dortige Stadtbaumeister Hengst hatte eine Truppe zusammengestellt, die durch zielgerichtetes, energisches Handeln das Großfeuer vor der Ausdehnung auf weitere Gebäude abriegelten und nicht wie üblich ausbrennen ließen, sondern sogar noch löschten. Besonders hervorgehoben wurde eine bis dahin beispiellose, vor allem bezüglich der Steiger gar nicht für möglich gehaltene Tat.

Das Corps war regelrecht für die Brandbekämpfung ausgebildet worden, es ging sogar militärisch straff zu. „Soldatenspielerei“ war Hengst vorgeworfen worden, aber gerade diese exakte Ausbildung, abgeschaut von französischen Vorbildern – daher auch der Name „Pompiercorps“ – machte den bahnbrechenden Erfolg aus.

Überlange Leitern gab es noch nicht und so rekrutierten sich für die Bewältigung der Aufgaben in luftiger Höhe Einsatzkräfte aus jungen Turnern: die Steiger!

Nachbetrachtungen des Einsatzes beim Theaterbrand befassten sich u.a. mit den Übungen der Steiger zum Besteigen der Hauswände mit kleinen tragbaren Eisenleitern, die mit starken Haken versehen waren und von den Fenstern eines Stockwerks in die des höheren eingehängt wurden.

Übung am ersten „Steiger-Turm“, der an der heutigen Spinne stand

In den Berichten von 1847 wurde auch erstmals der Begriff „Feuerwehr“ veröffentlicht und gleichzeitig definiert. Mit durchschlagendem Erfolg, denn ab 1848 haben sich alte Pompiercorps und neu entstandene „Feuerwehr“ genannt. Sie waren eine Entwicklung des Kampfes gegen Feuer schlechthin und in den Berichten über die Bekämpfung von Großbränden wurden die Steiger hervorgehoben, deren Einsatz maßgeblich zum Erfolg geführt hatte.

Auch die Mengeder Wehr, eine „Freiwillige Feuerwehr“ gliederte sich 1898 bei ihrer Gründung. Gebildet wurden Steiger-, Spritzen- und Hydranten-Mannschaften. Hinzu kamen die Hornisten, Teil der Ordnungsmannschaft, die mangels fehlender technischer Meldeeinrichtung mit ihren Hörnern durch Mengede eilten, um die Mitglieder der Wehr zu alarmieren.

Steigerturm der Groppenbrucher Wehr an der Königsheide

Zum Training der Steiger ließen die Gemeinden Steigertürme errichten. In Mengede stand der erste Turm mit einer kleinen Fahrzeughalle an der heutigen Spinne und die Groppenbrucher Wehr hatte ihr Gebäude an der Königsheide. Beide Einrichtungen haben die Jahre nicht überdauert.

Die moderne Zeit hat den Feuerwehrberuf „Steiger“ durch hohe Technik ersetzt. Der Begriff lebt aber bei alten Feuerwehrgebäuden weiter und noch heute heißt ein Turm – errichtet für Übungen und die Schlauchtrocknung: „Steigerturm“.

Der Mengeder Steigerturm, in den Kriegsjahren 1914/1915 gemeinsam mit Schule und Saalbau gebaut und für die Mengeder Wehr eingerichtet, hat die Zeiten überlebt und krönt als Blickfang den Marktplatz zwischen Saalbau und Jeanette-Wolff-Schule. Er beinhaltet in sich noch Relikte der technischen Einrichtung zur Schlauchtrocknung. Sein innerer Kern gleicht einem Kamin, der durch seinen starken Zugwind die Schläuche trocknete und an dessen Kopf die Seilscheibe zum Hochziehen der Schläuche montiert ist.

Zahlreiche Übungen fanden auch zur Unterhaltung der Mengeder Bevölkerung vor Jahrzehnten regelmäßig am Marktplatz statt und der Steigerturm des Saalbaus, geachtet von allen auswärtigen Wehrmännern, galt in früheren Jahren als schwierigster Übungsturm der Umgebung.



Übung am „Steigerturm“ der Mengeder Freiwilligen Feuerwehr. Über die eingehakten Leitern erreichten die „Steiger“ problemlos hohe Geschosse.

fhv