Nr.: 56

Mai 21

20. Jahrgang

Liebe Heimatfreundinnen,
liebe Heimatfreunde,

mit dem heutigen Heimatblättken Nr. 56 möchten wir Euch wieder einmal einige interessante Dinge aus dem Stadtbezirk Mengede vorstellen, die unsere neu ins Leben gerufene „Redaktion Heimatblatt“ sorgfältig zusammengetragen hat.

Nachdem über viele Jahre ein kleines Team bestehend aus Franz-Heinrich Veuhoff, Karl-Heinz Bohnmann und auch Paul Gausepohl viele schöne Heimatblätter herausgebracht hat, war es in den letzten Jahren Franz-Heinrich Veuhoff allein, der dieses beliebte Heimatblättken erstellt hat. Um ihm nun neue Unterstützung an die Seite zu stellen, haben dankenswerterweise einige Mitglieder unseres Vereins ihr Interesse und ihre Bereitschaft zur Mitarbeit an dieser Aufgabe bekundet. Und so wurde aktuell eine neue „Redaktion Heimatblatt“ konstituiert. Ihre Mitglieder sind: Franz-Josef Fedrau, Uwe von Schirp, Diethelm Textoris, Ursula Utecht, Franz-Heinrich Veuhoff sowie Hans-Ulrich Peuser.

Die Redaktionssitzungen finden Corona bedingt und online statt, es klappt jedoch ganz prima besser als man erwarten durfte!

Sollte sich auf diesem Wege noch jemand angesprochen fühlen, hier redaktionell mitarbeiten zu wollen, so würden wir uns über weitere Ideengeber sehr freuen!

Und nun wünsche ich Ihnen/Euch allen gute Unterhaltung beim Lesen unseres neuen „Blättkens“.

In diesem Sinne
Glück Auf!
Ihr/Euer

Hans-Ulrich Peuser

 (1. Vorsitzender)

Gräben, Tore, Wälle (4 und Schluss)


Befestigungen des alten Mengede

Mittelalterliche Orte wurden wegen ihrer Herrschaftsverhältnisse und zahlreicher Fehden durch Befestigungsanlagen mit Mauern, Toren und Wassergraben geschützt. So ist im Archiv der Ritterschaft Livland im 15. Jh. die Rede von der „Herrschaft Mengede, welche liegt im Lande der Mark und hat ein altes Schloss mit einer Stadt, die mit Wällen und Mauern umgeben ist“.

Anfang des 19. Jahrhunderts, bis zum Abschluss der Emscher Regulierung 1915, war der alte Ortskern ganz von Wasser umgeben. Vier Tore und vier Brücken, die morgens geöffnet und abends geschlossen wurden, beherrschten die Zugänge und sicherten mit Wassergräben, Emscher und Umflut, dahinter Erdwälle – oft nach den anliegenden Grundeigentümern benannt – und Mauern den Ort in alter Zeit.

Sie luden zu Markt- und Gerichtstagen ein, zum Besuch der Kirche und Gottesdienste und zur Teilnahme am städtischen Leben und der Feste.

Von vier Toren hatte nur das Mühlentor keinen überörtlichen Rang als Handelsstraße. Von Westen kommend umfuhr man den Ort, von Süden kommende Fuhrwerke und Personen konnten Mengede nicht umfahren.

In den ersten Folgen hatten wir über das Heimbrüggentor, die Tröskenpforte und das Mühlentor berichtet. Im letzten Beitrag geht es um das …

… Beseytor oder Pforte, am südwestlichen Ortsausgang.

Es wurde später auch „Hoeningspforte“ genannt und lag etwa an der Ecke Mengeder Straße/Galenstraße. Zunächst hatte der Hof Besey bis ins 18. Jahrhundert hinein dem Tor seinen Namen gegeben. Später siedelte dort die Familie Höning und die Mengeder gaben dem Tor fortan den Namen Hoeningspforte.

An der Hoeningspforte stand schon Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch ein kleines Torhaus, dass aber bereits bei der Katasteruraufnahme 1827 nicht mehr vorhanden war. Die Hebestelle wurde 1867 aufgehoben.

In der Nähe der Hoenigspforte stand die „alte Burg“, die früher „Haus Galen“ genannt und als Gerichtshaus erbaut wurde.

Urkatasterkarte von 1827: heutige Einmündung der Galen- in die Mengeder Straße (Glaserfirma)

Die Gerichtsherrschaft über Mengede war in früherer Zeit häufig geteilt. Die Häuser Bodelschwingh und Mengede bestellten ab 1552 je einen Richter, wobei der vom Hause Bodelschwingh ernannte Richter gleichzeitig auch für das Gericht Bodelschwingh zuständig war.

Im Streit um Haus Mengede von 1604 bis 1620 wurde das Gericht Mengede erneut unter den Häusern Bodelschwingh und Mengede aufgeteilt. Herr von Bodelschwingh baute für seinen Mengeder Anteil 1690 in Mengede ein besonderes Gerichtshaus, das gleichzeitig auch Rathaus war und nach dem ersten dort wohnenden Richter Johan Henrich Galen (gest. 1727) „Haus Galen“ genannt wurde.

Nach der Landeseinteilung Westfalens im Jahre 1815 war die Amtsverwaltung Castrop im „Haus Galen“, dem späteren Rathaus, untergebracht und Amtmann Biggeleben führte bis 1827 von dort aus die Geschäfte des Amtes Castrop. Das Haus stand an der Mengeder Straße gegenüber der Einmündung der heutigen Galenstraße, in unmittelbarer Nähe des Tores. Der recht ansehnliche Fachwerkbau verfiel um 1890. Reste des Hauses standen aber noch bis etwa 1902.

Haus und Grundstück lösten großen Streit in der Bevölkerung aus, als das Amt Mengede den wirtschaftlichen Fortschritt plante. Nicht der heutige Standort des Amtshauses war von den alten Bürgern für das neue Verwaltungszentrum ausgewählt worden, sondern der Galenplatz mit der „alten Burg“.

Haus Galen um 1900

Der langanhaltende Streit in der Amtsversammlung endete mit nur einer Stimme Mehrheit für den heutigen Standort und der Landrat bestätigte letztlich diese Entscheidung. Aus heutiger Sicht wurde dem Amtshausplatz zwischen Ortskern und Bahn mit Recht der Vorzug gegeben und Amtmann Schragmüller hatte wieder einmal mit seinem besonderen Blick die Entwicklung des Amtes vorhergesehen.

Franz-Heinrich Veuhoff

 


Brotfabrik Peine- Ende einer Legende


Nach dem Abriss erinnert sich Gerti Rintelmann (Foto links) an ihre Zeit als Verkäuferin in der Bäckerei und Brotfabrik Peine.
Als am 18. Februar 2021 die Bagger anrollen, endet ein Kapitel Oestricher Wirtschaftsgeschichte. Gewaltige Zangen nagen an den Fassaden der Häuser an der Kreuzung Hansemannstraße/Königshalt. Ohnehin kaum noch wahrnehmbar, verschwinden in den darauffolgenden Wochen hinter den Fassaden Fabrik- und Handwerksgebäude – die letzten Relikte der Brotfabrik Peine.

Den Schornstein der großen Backöfen hatten die letzten Eigentümer bereits vor Jahren wegen Einsturzgefahr ein ganzes Stück abtragen lassen. Dieser Abriss ist der Anfang vom Ende eines Gewerbeareals. In ein paar Jahren werden Senioren hier ihren Lebensabend verbringen.

Im Oktober 1905 beginnt die Geschichte der Brotfabrik an der Hansemannstraße. Lorenz Peine, ein aus Eving stammender Bäckermeister, legt im Alter von 24 Jahren den Grundstein. Der Betrieb wächst und expandiert. Die heute dominierenden Großbäckereien oder Ketten hatten damals noch Seltenheitscharakter.

Anzeige von 1924; interessant der Hinweis, dass „sämtl. Weißbrot, Brötchen usw. mit Milch gebacken werden“

Das bekannte Mengeder Unternehmen umfasst moderne Backbetriebe, eine Lebensmittelabteilung und 40 betriebseigene Verkaufsstellen, über 200 Personen sind hier beschäftigt.“ Das berichtet die Mengeder Zeitung am 24. Oktober 1955 zum 50-jährigen Geschäftsjubiläum.

Gerti Rintelmann arbeitet zu diesem Zeitpunkt schon fast sechs Jahre bei Peine. Im November 1949 beginnt sie an der Hansemannstraße ihre Lehre – als Bäckerei-Fachverkäuferin; so würde die Ausbildung heute heißen. „Es war eine tolle Zeit“, erzählt sie im Gespräch mit dem Heimatblatt.

„Durch Zufall habe ich die Lehrstelle gekriegt.“ Nachkriegszeit, die Bundesrepublik war gerade sechs Monate jung und Peine hat eine freie Lehrstelle. Rintelmanns Mutter erfährt von der Stelle, Gerti bewirbt sich – und fängt sofort am nächsten Tag an. Es ist der 24. November 1949. 11 Jahre wird sie für Peine arbeiten: erst zweieinhalb Jahre als Lehrling, dann als Verkäuferin.

„Ich habe nie gesehen, wie Brot gebacken wurde“, erzählt sie. Sie arbeitet zunächst im Verkaufsraum und im Lager, später auch im Büro in der Hauptstelle. Und dabei erfährt sie, wie ein moderner Großbetrieb funktioniert. „Die Brötchen liefen vom Band und fielen in einen Korb“, erzählt sie. „Das Band lief zum Lager hin.“ Eine ihrer Aufgaben bestand darin, Pumpernickel abzupacken.

„Weihnachten 1949 konnten wir die erste Butter ohne Marken verkaufen. Das halbe Pfund kostet zwei Mark, ein Brötchen drei Pfennige.“ Die Buchführung erfolgt „von Hand“ – quasi die Pflicht in der Lehre. Die Kür tritt die frühere Oestricherin gleich zu Beginn des zweiten Lehrjahres in der Advents- und Weihnachtszeit an.

Es sind die Wochen der Leckereien, in denen Kinder und Erwachsene vor den festlich dekorierten Schaufenstern stehen. Spekulatius, Printen, Dominosteine und natürlich Knusperhäuschen. In der Filiale im Mengeder Ortskern dekoriert Gerti Rintelmann die Auslagen mit den weihnachtlichen Werken der Konditoren. „Es war das schönste Weihnachtsfenster am Markt“, erzählt sie – nicht ohne Stolz. In der Lehre und später als Verkäuferin lernt sie auch die anderen Filialen in Brambauer, Herne und der Dortmunder Innenstadt kennen – „manchmal nur für 14 Tage“.

Im Jubiläumsjahr 1955 ist Lorenz Peine bereits 75 Jahre alt und befindet sich „bei bester körperlicher und geistiger Frische“, wie die Mengeder Zeitung schreibt. Immer noch entwickelt er den Betrieb weiter. „Das allgemein gesteigerte Lebenstempo erfasste auch die Bereiche der Hausfrau, die immer mehr darauf angewiesen war, beim Einkauf Zeit einzusparen.“ In den Verkaufsstellen gibt es nun nicht nur Brot und Butter, sondern auch andere Lebensmittel.

Chefin Frau Peine mit einer Mitarbeiterin vor dem Geschäft in der Hansemannstraße

Dann übernimmt der Sohn des Firmengründers den Betrieb. Er stattet die Läden mit neuen Regalen aus und gestaltet die Fenster um. „Ich glaube, er hatte falsche Berater“, sagt Gerti Rintelmann. Zunehmend fremde Produkte finden den Weg in die Auslagen. Der einst hohe Umsatz schrumpft immer weiter, bis irgendwann das Ende kommt. Kurios ist, dass keine Quelle zu finden ist, die besagt, wann genau Peine sich aus der Mengeder Wirtschaft verabschiedet hat. „Bis 1960 habe ich das Geschehen im Laden am Mengeder Markt verfolgt“, sagt Gerti Rintelmann.

Ältere Oestricher und Mengeder erinnerte der Schornstein-Rest im Hinterhof der Hansemannstraße noch bis Februar 2021 an die legendäre Brotfabrik. „Es war ein seriöses Geschäft,“, sagt Gerti Rintelmann „dass zu meiner Zeit sehr gut lief!“

Uwe von Schirp

 


Unsere Sterne auf Reisen


Planetarium im Saalbau

Mit der Attraktion „Planetarium im Saalbau“ hoffen wir, in der für alle stressigen Corona-Zeit die Menschen unseres Stadtbezirks ein wenig abzulenken.

Das LWL-Museum für Naturkunde in Münster schickt die „Sterne auf Reisen“, denn das Planetarium des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), das wegen Umbauarbeiten 2021 geschlossen bleibt, geht mit einem aufblasbaren „Pop-up-Planetarium“ auf Tour durch Westfalen-Lippe und macht vom 19. – 25.07.21 auch Station in unserem Saalbau. Unter der transportablen Kuppel können wir für einige Tage fremde Galaxien erkunden oder virtuelle Spaziergänge auf dem Mars unternehmen.

Das aufblasbare Kuppelzelt mit einem Durchmesser von acht mal acht Metern und einer Höhe von fünf Metern sowie der hochauflösende Projektor sorgen im Inneren für ein 360-Grad-Bild, das die Besucherinnen und Besucher rundherum umschließt, und so für ein Erlebnis wie in einem herkömmlichen Planetarium.

Möglich macht diese einmalige Veranstaltung das großzügige Sponsoring der Volksbank Dortmund NW und die gewohnte gute Zusammenarbeit zwischen dem Kulturzentrum Mengede und unserem Heimatverein.

Für die Veranstaltung wird im Saalbau ein mobiles Planetarium die Gäste aufnehmen

Freuen Sie sich schon jetzt auf entspannende Stunden unter dem künstlichen Himmelszelt.

Wir wünschen viel Spaß!!

Franz-Heinrich Veuhoff

 

Kleine Geschichten


Der Dorforganist und Händel


Im „Gemeinnützig unterhaltender Volkskalender von 1824“ fand ich folgende amüsante Geschichte:

Händel war einmal in einer Dorfkirche und bat den Organisten, ihm zu erlauben, dass er nach Schluss des Gottesdienstes die Versammlung, wie man zu sagen pflegte, hinausspielen dürfe. Dieser war zufrieden.

Händel setzte sich also an die Orgel und begann so meisterlich zu spielen, dass er im Augenblick die Aufmerksamkeit der ganzen noch anwesenden Gemeinde erregte, welche nun, statt so bald als möglich ihre Sitze zu räumen, lange Zeit mit gespanntester Aufmerksamkeit noch in der Kirche sitzen blieb. Der Organist, dessen Frau zu Hause mit Essen wartete, ward ungeduldig, fuhr endlich den aufgedrungenen Orgelspieler an und sagte: er verstände es ganz und gar nicht, die Leute aus der Kirche hinauszuspielen, das möge er wohl bleiben lassen. Damit schob er Händel von der Orgelbank, sich darauf, und richtig, es gelang ihm mit den ersten Akkorden, welche wie das Verlesen der Aufruhrakte wirkten, sogleich die Versammlung augenblicklich auseinander und hinauszujagen.

Franz-Heinrich Veuhoff

Bauernregeln die auch stimmen


Der illustrierte deutsche Bürger- und Bauernkalender beschreibt 1890 das Wetter so:

Juni: Kräht der Hahn hoch oben auf dem Mist, so ändert sich’s Wetter, oder es bleibt, wie es ist.

Juli: Plagen im Juli den Hund die Flöh‘, so sei vernünftig und meid‘ seine Näh‘.

August: Wälzt die Sau sich in der Jauche Lachen, Versuch‘ es nicht ihr’s nachzumachen.

Franz-Heinrich Veuhoff