Heimatblätter
Beiträge und Geschichten aus dem Stadtbezirk Mengede
Herausgegeben vom Heimatverein Mengede e. V.

Nr. 43 März  2015 14. Jahrgang
EP 0,50 Euro

 

Liebe Mitglieder des Heimatvereins,

der Winter hat sich inzwischen verabschiedet und wir wünschen uns alle helle und warme Frühlingstage, die auch den Kranken unter uns die Linderung bringen mögen, die sie sich erhoffen.

Ihnen allen wünschen wir fröhliche Ostertage

Ihre Heimatblätter-Redaktion


Über Mengedes Geschichte (6)


Es gab mehr als nur eine Festung

„Mengede hat eine lange Geschichte, die bis in die Zeit vor 1000 Jahren zurückreicht“. Das schrieb in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts der evangelische Pfarrer Albrecht Stenger I. (1885 – 1928) in einer Fortsetzungs-Serie, die unter dem Titel „Heimatbilder“ im „Mengeder Lokal-Anzeiger“ erschienen war. Ein historischer Rückblick, der nicht nur für Neu-Mengeder interessant ist. Deshalb berichten wir in einer von KARLHEINZ BOHNMANN unter Berücksichtigung aktueller Aspekte bearbeiteten Serie in Auszügen über die Nachforschungen Stengers, die übrigens später von seinem Sohn Dr. Albrecht Stenger II. (1896 – 1988) fortgesetzt wurden.

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Wo einst die Emscher zu den Mühlen floss,
fahren heute Fahrzeuge über die Waltroper Straße

Laut Stenger gab es im alten Mengede zahlreiche adlige Güter: „Mit Vorliebe siedelten sich die Adligen wegen der Fischerei, Wiesen und Befestigungen am Wasser an.“
In Mengede war das natürlich die Emscher. Dort erbauten sie sich in der Regel Wasserburgen. Auch ihre Mühlen, von denen in der Nähe des Hauses Mengede beispielsweise zwei gestanden hatten: Eine, in der Korn zu Mehl gemahlen und eine weitere, in der Pfeffer, damals ein beliebtes (und teures) Würzmittel. verarbeitet wurde.

Stenger begann die Aufzählung der Befestigungsanlagen mit der Burg Königsberg, die dort gestanden hatte, „wo der Holthauser Bach in die Emscher mündet“. Daran erinnert heute der Name Königsmühle.
„Um 1394 wohnte dort der Ritter Konrad von Königsberg, ein Verwandter des Grafen von Lindenhorst.“ 1441 wird Heßel von Königsberge als Besitzer genannt. Die Burg ist allerdings schon früh zerstört worden.
Näher an Mengede, „bei Schwieringhausen, früher „Schwedringhusen“, liegt das Gut Altmengede. Herr war dort 1398 der Ritter Henrich von Schwedringhusen.
Später, so Stenger weiter, verkaufte der Ritter Hennecke Mengede-Osthoff das Haus an Evert von Mengede. Und 1415 wohnte dort der Pächter von Schwerinkhaus. Der veräußerte es weiter an seinen Vetter Wilm von Mengede.
Stenger berichtete weiter: „Bereits 1385 werden zwei Höfe in Schwerinkhusen erwähnt und etliche Teiche mit Stauvergünstigung, die der Graf von Engelbert von der Mark Ernst von Bodelschwingh verleiht.“Das Gut Altmengede habe „oft den Besitzer gewechselt. Es war wohl das älteste Gut hier. Als zwei Brüder sich die Güter teilten, hat der eine das Gut behalten, das nun Altmengede hieß, während der andere sich in Mengede niederließ.“
1426 ist Werner von der Heiden der Eigner von Altmengede. Ab 1620 gehörte das Gut Bernd Florenz von der Heiden Rhynsch aus Winkel im Rheinland. Und nachdem es die Familien von Altenbochum und Bodelschwingh besessen hatten, wurde es 1781 für 18000 Taler an den Bürgerlichen D. F. Bielefeld aus Dortmund verkauft. Durch Heirat fiel es dann an den Freiherrn von der Heiden-Rhynsch.
Der veräußerte Mengedes ältesten Rittersitz schließlich für 660 000 Mark an die Deutsch-Luxemburgische Bergwerksgesellschaft, die sich der Kohle wegen in Mengede niedergelassen hatte.

Karlheinz Bohnmann

Weitere Einzelheiten über frühere Wehranlagen im damals stark befestigten Mengede folgen in der nächsten Ausgabe. 


Mönche nannten es Heiden töten


Ein Sport der Pharaonen und Germanen

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Kegelpuppenfeld vor Einführung der Technik

Es ist eigentlich noch gar nicht so lange her, da war Kegeln – mehr als heute – ein beliebter „Volkssport“. Gaststätten, die mit entsprechenden Bahnen ausgerüstet waren, konnten sich vor Andrang kaum retten. Doch weil viele Lokale inzwischen geschlossen wurden, und auch das Interesse an diesem Freizeit-Hobby erheblich abgeflaut ist, erklingt inzwischen seltener als früher der Jubelruf „Alle Neune!“
Denn längst stehen die Interessenten bei der Suche nach einer freien Bahn nicht mehr Schlange. Die Jugend von heute hat durch den Vormarsch der elektronischen Angebote, oft andere Beschäftigungsinteressen.
Schade, denn gekegelt wurde schon im alten Ägypten. Doch nicht nur die Pharaonen, auch unsere Vorfahren, die alten Germanen, sollen, wenn sie in Friedenszeiten oder nach der Jagd die Langeweile plagte, ihren Platz auf der Bärenhaut verlassen haben, um – wenn auch nicht unter so komfortablen Möglichkeiten wie heute – die „Kugeln“, die wahrscheinlich aus dicken Steinen bestanden, „rollen“ zu lassen.Getrost kann man auch annehmen, dass es sich bei den von ihnen anvisierten „Puppen“ um die Knochen von zuvor verspeisten Bären gehandelt hat.
Der Weg zum Kegelsport, wie er heute betrieben wird, war wirklich lang. Ein erster schriftlicher Hinweis wurde in einer Chronik aus dem Jahr 1157 entdeckt. Offensichtlich war es auch bei den Kegler-Zusammenkünften aber – ähnlich wie bei den Schnadegängen – auch zu Exzessen gekommen, so dass in diesem Fall ebenfalls die Obrigkeit einschritt und eine strenge Beobachtung der Kegelveranstaltungen verfügte. Interessant ist übrigens, dass auch in vielen Klöstern häufig eine „ruhige Kugel“ geschoben wurde. Die Mönche brachten sogar eine pseudo-christliche Note in ihr Kegelspiel ein: Sie nannten sie „Heiden töten“. Jede gefallene Puppe verglichen sie mit einem getöteten Heiden.
Richtige Kegelvereine entstanden  gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Vorher hatten sich die Freunde der runden Kugel in kleinen Gesellschaften getroffen.1884 wurde in Krefeld ein erster Kegelverband gegründet, der auch eine eigene Zeitung herausbrachte. Deren Themen: Kegeln und Skat. Ein weiteres Jahr später entstand in Dresden ein Zentralverband (heute: Deutscher Kegel- und Bowling-Bund), in dem sich 227(!) Gesellschaften zusammenschlossen hatten. Die Wiedergründung des im 2. Weltkrieg aufgelösten Verbandes erfolgte 1952 in Bielefeld.
Auf dessen Initiative hin waren übrigens vor fast 130 Jahren die Kegelregeln vereinheitlicht und auch genormte Maße für die Bahnen festgelegt.

Karlheinz Bohnmann


Pütthofs Idee für die Kegelbahn


Kegeljungen werden arbeitslos

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Kopf der Patentschrift vom 15.01.1904

Mein Vater kegelte freitags bei Konrad Jörissen im Heideröschen und ich träumte – schon wegen des kleinen Taschengeldes – immer davon, als Kegeljunge dabei sein zu dürfen. Daran erinnerte ich mich in diesen Tagen, als ich von einer Patentschrift las, die an Gustav Pütthoff in Nette am 15. Januar 1904 vom Kaiserlichen Patentamt ausgegeben worden war.
Ein Anruf beim Patentamt in Berlin und in wenigen Minuten lag die Patentschrift vor mir.
Und der Grund für diese Schrift? Gustav Pütthoff hatte „eine Vorrichtung zum Aufsetzen der Kegel von der Anwurfstelle der Kegelbahn aus“ erfunden. Eine ausführliche Beschreibung der Erfindung folgt auf vier Seiten und Zeichnungen auf fünf Seiten runden die Patentschrift„patentiert im Deutschen Reiche vom 24. Mai 1903“ ab.

  Fr.-Heinrich Veuhoff 


„Liederstammtisch im Januar“


Mit Gesang Stammtischsaison eröffnet

image004Melodie und Text zum „Mengede-Lied“

Der erste Monatsstammtisch dieses Jahres stand, wie schon im Vorjahr, ganz unter dem Motto eines bunten Liederabends. Diese Form des Zeitvertreibs ist in unserem Heimatverein äußerst beliebt. Das bewies wieder einmal der rege Besuch im Heimathaus an der Williburgstraße. Die Heimatstube war mit fast 70 Teilnehmern bis auf den letzten Platz gefüllt. Einige Sangesfreunde mussten sogar stehen.
Für die Textsicherheit sorgte das von Hans-Ulrich Peuser, unserem Mann am Klavier, zusammengestellte Liederheft mit dem Titel „So klingt`s bei uns im Heimathaus“. In diesem Heft befinden sich nicht nur die gängigen Volkslieder, nein, über Schlager, Stimmungslieder, sondern auch nachdenkliche Weisen. Und ab ging die Post. Alle waren voll dabei. Selbst Heimatfreunde, die vorher die Stirn gerunzelt hatten, stimmten lauthals mit ein.

Mit „Die Gedanken sind frei“ und „Freut euch des Lebens“ wurden die Stimmbänder freigeräuspert. Weiter ging es durch den „Schönsten Wiesengrund“ „In Junkers Kneipe“. Dann sangen wir gemeinsam „Junge komm bald wieder“, „Kein schöner Land“ und ließen die weiße Taube „La Paloma“ fliegen. Mit „Meinem Vater, der ein Wandersmann war“ kamen wir von den „Blauen Bergen“ und „Erklommen schwindelnde Höhen“. Nach einem Versuch auf Englisch („Take me  home…“) läutete das „Westfalenlied“ die Halbzeitpause ein.
Nach der Pause kam es dann zu einem weiteren Höhepunkt des Abends. Franz-Heinrich Veuhoff und Wilfried Jürgens hatten einen Karnevalschlager ausgegraben, der 1954 bei der Veranstaltung von Einigkeit Groppenbruch im früheren „Mengeder Hof“, besser bekannt unter dem später abgebrannten Saal Tittmann Premiere hatte, übrigens das frühere Zuhause von Christel Goltz (†). Der Titel lautete „Es wird so viel von Köln am Rhein gesungen“  (Text Hans Glöh, Musik Willi Woltas). Kurzerhand wurde das Lied Hans-Ulrich Peuser am Telefon vorgetragen, der die Melodie in Noten fasste. Veuhoff schrieb noch eine zweite Strophe, und so versuchten sich alle an diesem alten Schätzchen. Es war nicht ganz einfach, aber nach dem Wilfried Jürgens mit einem Solo das Lied vorgestellt hatte, stimmten alle ein.
Nach dieser „Zweitpremiere“ ging es dann mit den bekannteren Liedern weiter. Nach den „Kreuzberger Nächten“ „liebten wir die Stürme“ „im schönen Westerwald“, bevor wir „Über den Wolken“ „In Capri die Sonne im Meer versinken“ sahen. Wir stellten fest, dass man „Rote Lippen küssen soll“ und das „Marmor, Stein und Eisen bricht“. Zurück ging es nach Hamburg, wo wir mit „Lilli Marlen“ unter der Laterne standen. Mit „Nehmt Abschied Brüder“, „Ade zur guten Nacht“ und „Guten Abend, gute Nacht“ läuteten wir die Spätschicht ein.
Zum Abschluss erklang dann, wie es im Heimatverein schon Tradition ist, das „Steigerlied“. Alle waren sehr zufrieden und der Meinung, dass so ein Liederabend  sicherlich zu wiederholen ist.

Karlheinz Bohnmann

 

Emscher-Skizzen


Stammtischthema: Emscherumbau

„Emscher-Skizzen“ – unter diesem Titel präsentierte der Autor und Filmemacher Christoph Hübner im Heimathaus einige seiner Filme.

Seit 2006 begleiten die international renommierten Autoren und Filmemacher Christoph Hübner und Gabriele Voss (Biographien unter www.filmportal.de) die Renaturierung der Emscher, den damit verbundenen Umbau und die Entwicklung des Emschertals. Mit ihren Kurzfilmen dokumentieren sie die stetige Veränderung der Landschaften, zeigen die Menschen der Region und Örtlichkeiten, die man so nicht kennt oder erwartet hat. Wie immer war unser Heimathaus mit über 60 Besuchern bis (fast) auf den letzten Platz gefüllt, die erwartungsfroh auf die „Emscher Skizzen“ warteten.

Nach der Begrüßung  durch unseren Vorsitzenden Hans-Ulrich Peuser startete der Stammtisch mit den ersten Filmen:

Archäologische Grabungen in dem Bereich Dortmund-Mengede / Ickern 

Dort, wo ab 2010 ein gigantisches Regenrückhaltebecken für die Emscher gebaut wurde/wird, fand man Spuren germanischer Siedlungen. Diese Funde führten zu einer Unterbrechung der Arbeiten, damit ein Team von Archäologen an den Ausgrabungen und der Erschließung der Funde arbeiten konnte. Frau Dr. Angelika  Speckmann, von dem LWL-Archäologie für Westfalen in Münster, stellte einige Funde vor und kommentierte diese und die gesamten Ausgrabungsarbeiten.

Deininghauser Bach

Der Deininghauser Bach in Castrop – Rauxel, der vor Jahren noch ein Abwasserzufluß der Emscher war, wurde als einer der ersten Bachläufe im Rahmen der Emscher Renaturierung zurückgebaut. Die Abwässer verschwanden in unterirdischen Kanälen und der Bach eroberte sich Zug um Zug wieder seinen eigenen Weg zurück. Ein Biologe der Emschergenossenschaft zeigte an Wasserproben, was sich an Kleinst-Lebewesen wieder eingefunden hat.

Begehung Hansa-Brückenzug 

Dieser Film zeigte uns ein Stück Natur – direkt vor unserer Haustür-, das viele von uns so noch nie gesehen haben. Ein Mitarbeiter der Emschergenossenschaft führte durch einen Flussabschnitt, der idyllisch unter drei kreuzenden Brücken liegt. Diese erzählen von der Industriegeschichte in Dortmund mit den Schwerpunkten Kohle und Stahl sowie der Wichtigkeit des Schienennetzes der Eisenbahn. Daneben sehen wir „wilde Natur“ und die plätschernde Emscher, die hier (unterhalb von Deusen) schon fast sauber wirkt.

Nach einer kurzen Pause,  in der wie immer Rauchopfer gebracht wurden und die Getränkeausgabe geöffnet war, startete der zweite Teil des Stammtisches mit zwei Filmen über den neuen Emscher Düker (Durchfluss der Emscher unter dem Rhein Herne Kanal).

Baustelle neuer Emscher Durchlass an der Wartburg (11/2009) 

Diese riesige Baustelle in Castrop- Rauxel, direkt hinter der Wartburg, kannten viele von uns. Vor allem auf unseren Radtouren sind wir dort häufig vorbeigefahren und haben die Arbeiten von der Aussichtsplattform beobachtet. In diesem Streifen erzählte einer der bayrischen Vorarbeiter von seinem Alltag in der Fremde, von dem was er „Kulturaustausch“ nennt und wie sehr ihn das heutige Ruhrgebiet positiv überrascht hat.

Baustelle neuer Emscher Durchlass an der Wartburg (10/2009)

Dieser Film zeigt wie sich die Bauarbeiten am neuen Emscher Durchlass (nur ein paar hundert Meter neben dem alten Emscher-Düker) zu einem Rentnertreff entwickelt hat. Viele treffen sich hier und fachsimpeln über das Arbeitsleben damals und heute. Einer von ihnen, ein wahrer „Ruhrpott- Philosoph“, erzählte von früher und schaute erwartungsfroh in die Zukunft.

Vom Emscher-Düker zum Schellenbruch- Graben 

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Diesmal ging die Filmreise weiter in Richtung Herne, zum östlichen Ende der Emscherinsel. Felder, Bauernhöfe, Wanderer, Radfahrer. Der Emschersaum wird gemäht. Plötzlich ein kleiner Sturz mit dem „Drahtesel“, kommt uns das nicht bekannt vor?

Das Regenrückhaltebecken in Dortmund- Mengede / Ickern

Als kleine Zugabe zeigte Christoph Hübner einen Film über „unser“ Regenrückhaltebecken. Dieser Film ist auf der bisherigen „Emscher-Skizzen“-Ausgabe (DVDs, im Handel erhältlich) bisher noch nicht veröffentlich. Er berichtet über die Funktion, die Planung und die Entstehung des Rückhaltebeckens. Ein Mitarbeiter der Emschergenossenschaft erklärte dieses Millionenbauwerk.

Zum Abschluss bedankte sich Hans-Ulrich Peuser für die wirklich informativen aber auch sehr unterhaltsamen Beiträge. Besonders positiv war aufgefallen, dass die Filme keine „störenden“ Kommentare hatten sondern nur durch Erklärungen der „Mitwirkenden“ erläutert wurden. Herr Peuser überreichte zum Schluss eine Flasche Remigius-Tropfen, obwohl Emscher-Perle sicher passender gewesen wäre, und verabschiedete Hübner mit einem großen Applaus der Anwesenden. 

Franz-Josef Fedrau


Postkarten aus dem Krieg


Bericht über den Maler Karl Schusterschitz

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Eine interessante Familie, die früher an der Dönnstraße in Mengede, (in dem Haus lebt heute Petra Hemker, eine der letzten Nachfahren) gewohnt hatte, stellte Otto Schmidt, engagiertes Bodelschwingher Mitglied unseres Heimatvereins im vergangenen Jahr an drei Abenden während des Stammtisches in Bodelschwingh vor.
Im Mittelpunkt des März-Stammtisches im Heimathaus standen der Kunstmaler Karl Schusterschitz und die Postkarten, die er vor 100 Jahren – im Ersten Weltkrieg – als Soldat an seine Familie nach Mengede geschrieben hatte. Die erste stammt aus dem Jahr 1915.
Immer wenn Ruhe an der Front war und die Kanonen schwiegen, aber auch wenn er im Lazarett lag – er wurde zehnmal verwundet – griff er zu Buntstiften oder zu Wachsmalkreide. Als „Leinwände“ nutzte er Postkarten. Manchmal warf er gleich mehrere Postkarten am Tag in den Feldpost-Briefkasten. Kosten keine: Soldatenpost wurde kostenlos befördert. Allerdings wurde sie streng kontrolliert.
Schusterschitz überlebte den Krieg, aber er wurde nicht alt. Drei Jahre nach Kriegsende verstarb er im Alter von 29 Jahren an Tuberkulose.
Erhalten geblieben aber sind seine Postkarten und zahlreiche andere Dokumente.
Otto Schmidt hat dem Leben der Familie, deren ursprüngliche Heimat die damalige kaiserlich-königliche Donau-Monarchie war, akribisch nachgespürt und fast ein halbes Jahr dafür gebraucht. Als Grundlagen standen ihm 569 Dokumente zur Verfügung. Darunter das Fotoalbum, mit einem militärisch dekorierten Umschlag-Deckel, der Ursprung seiner Nachforschungen war.
Vieles hat er dabei herausgefunden, aber nicht, was die Familie, deren ähnlich klingender slowenischer Name eingedeutscht wurde, nach Mengede verschlagen hatte. Ob es die Kohle war?
Doch keiner aus der Familie hatte im heimischen Pütt gearbeitet. Der Vater war auch eigentlich Maler, aber weil er mit seiner Kunst seine stattliche Familie nicht ernähren konnte, hatte er sein Talent auf profane Weise genutzt: Als Anstreicher weißelte er die Wohnungen seiner Nachbarn und – damit die Wände nicht zu kahl waren – schmückte er sie auch mit einem von ihm gemalten Bild .

Otto Schmidts Vortrag war  nur eine Kurzfassung seiner interessanten Nachforschungen. Vor den Mitgliedern in Bodelschwingh hatte er an drei Abenden über eine Familie berichtet, die aus Österreich nach Mengede gekommen war.
Während Karl Schusterschitz Junggeselle geblieben war, hatten seine Schwestern in bekannte Mengeder Familien eingeheiratet. Aber den Namen Schusterschitz selbst gibt es in Mengede nicht mehr.

Karlheinz Bohnmann


1945: Die Amerikaner rücken ein


Mengede ergab sich widerstandslos (1)

Bochum hatten die US-Truppen bereits eingenommen. Auf dem Weg nach Dortmund, mit Duisburg eine den letzten Städten im Ruhrgebiet, die noch nicht besetzt waren, näherten sie sich in der Palmwoche dem Dortmunder Nordwesten.
Über Ickern, das wie Waltrop bereits besetzt war, rückten sie am 6. April 1945 nach dreitägigem Beschuss kampflos in Mengede ein. Denn, obwohl sich entlang der Emscher und auf den „Mengeder Alpen“, der früheren Bergehalde der Zeche „Adolf von Hansemann“, mehrere Flak- und Scheinwerferstellungen mit insgesamt 46 Geschützen befanden, hatten die Amerikaner bei ihrem Vormarsch leichtes Spiel, denn die  Verteidiger hatten sich, nachdem sie ihre Geschütze durch Rohrkrepierer untauglich gemacht hatten, nahezu alle aus dem Staub gemacht. Und auch der Volkssturm hatte sich aufgelöst und den Einmarsch der Amerikaner regelrecht verschlafen. Dieses letzte Aufgebot Hitler-Deutschlands bestand aus alten Männern, die eigentlich nicht mehr als kriegsverwendungsfähig gegolten hatten, und aus älteren Schülern. Zuvor hatten sie aber alle Emscher- und Kanalbrücken gesprengt sowie die Strom- und Wasserleitungen zerstört und die Panzersperren auf der Strünkedestraße und auf der Waltroper Straße aufgegeben.
Dabei hatte Mengedes NSDAP-Orts-gruppenleiter noch kurz zuvor getönt gehabt, dass es jetzt „den Amis an den Kragen“ gehen würde. Bewaffnet mit einer Panzerfaust und betont kampfeslustig sei er mit seinem Motorrad vom Hof des „Braunen Hauses“, der Nazi-Parteizentrale an der Williburgstraße, geknattert, erzählte in späteren Jahren Opa Veuhoff schmunzelt seinem Enkel.
Ein anderer Parteigenosse hatte die Bevölkerung aufgefordert, die einrückenden Amerikaner – wie es einst die Burgverteidiger im Mittelalter taten – mit heißem Wasser zu verbrühen, was natürlich niemand ernst genommen hatte. Dieser Nazi-Bonze soll dann, wie der inzwischen verstorbene SPD-Ratsvertreter Heinz Garus zu berichten gewusst hatte, einer der ersten gewesen sein, die den Amerikanern mit einer weißen Fahne entgegen gelaufen waren.

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Gut Königsmühle nach dem Großangriff

Ebenfalls mit einer weißen Fahne in der Hand hatte der frühere Landwirt Rath, dessen Gut außerhalb von Mengede in der Nähe der Emscher in Brüninghausen lag, die Amerikaner begrüßt. Er war ihnen mit seinem gesamten Gesinde entgegengezogen und hatte sich als Antifaschist vorgestellt. Dabei war er aber so aufgeregt, dass er die GI´s mit „Heil Hitler!“ begrüßte, obwohl ihm dieser Gruß während des gesamten „Dritten Reiches“ nie über die Lippen gekommen war. Der US-Offizier zeigte allerdings Verständnis für den nervösen Bauern und dessen Freud’sche Fehlleistung. Er konterte den Faux pas lediglich mit der Bemerkung: „Nix, nix Heil Hitler.“

Nachdem sie Mengede widerstandslos eingenommen hatten, durchsuchten die Amerikaner sämtliche Wohnungen und Keller nach versteckten Soldaten und nach „Goldfasanen“, wie die Nazi-Größen wegen ihrer kackbraunen Uniformen hinter vorgehaltener Hand von der Bevölkerung genannt wurden. Nur ein müdes Lächeln dürften ihnen aber der Einschmeichelungversuch eines Metzgers abgenötigt haben: Er hatte, in der Hoffnung, die Amerikaner damit „friedlich“ zu stimmen, ein Wurstpaket auf seine Haustürtreppe gelegt.
Obwohl der Krieg für Mengede eigentlich vorbei war, blieb die Bevölkerung erst einmal weiterhin in ihren Keller-Schutzräumen und in den Bunkern. Denn auf ihrem weiteren Vormarsch nach Dortmund lieferten sich die Amerikaner schwere Artillerie-Duelle mit immer noch Widerstand leistenden deutschen Soldaten.

Karlheinz Bohnmann


Aus Zeitschriften und Büchern (2)


Wissenswertes aus dem Stadtbezirk

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Nachrichten aus der Netter Geschichte“, Heft 5 (2014), Hrsg. Arbeitsgruppe für Netter Geschichte. Leitung: Friedhelm Treckmann und Dr. Heinrich Mönnighoff
In den Heften 1 bis 4 (2010 bis 2013) war die Geschichte der alten Gemeinde Nette mit ihren Bauernschaften Dörwe, Nieder- und Obernette untersucht worden. Schwerpunkt im Heft 5 sind die Siedlungsveränderungen im 19. Und 20. Jahrhundert entlang der „Mengeder Straße“ von der Huckarder Gemeindegrenze bis nach Mengede einschließlich der zahlreichen Nebenstraßen. Die Gebäude sind nach dem Baubestand von 1910 aufgelistet, wobei als Grundlage das Netter Gebäudesteuerbuch von 1910 gedient hat.

Zur besseren Übersicht sind die Ausführungen und Tabellen durch detaillierte Übersichtskarten und zeitnahe Fotos ergänzt. Die Beiträge zur Besiedlung geben interessante Einblicke in die Siedlungsgeschichte dieses Ortsteils, aber auch in die Bauweise einzelner Häuser mit ihren besonderen Funktionen. Die ursprünglichen bis 1850 rein landwirtschaftlichen Strukturen entlang der Mengeder Straße sind heute kaum noch zu erkennen. Sowohl der Steinkohlenbergbau und die Eisenbahn als auch der gestiegene Bedarf an Baugrundstücken haben das Straßenbild seither grundlegend verändert. Zum Schluss wird über die Bahnübergänge, Begräbnisstätten (Judenfriedhof, Westhusen-Friedhof) und das Netter Ehrenmal berichtet.
Ein weiterer Teil des Heftes befasst sich mit Geschichten aus der Netter Dorfschule und mit der Auflistung des Grundbesitzes in Nette im Jahr 1864.
In letzten Teil des Heftes wird das Eisenbahnwesen im Dortmunder Nordwesten beschreiben. U.a. werden die Geschichte des Bahnhofs Mengede, der Achenbachbahn, der Abzweige Nette und Niedernette, des Gleiskreuzes Obernette, der Zechenbahnen und der S- und U-Bahn untersucht. Die für viele Heimatkundler z. T. schon in Vergessenheit geratenen Daten sind in einer chronologischen Aufstellung übersichtlich aufgeführt.
Wie bereits die Hefte 1 bis 4 gibt auch das Heft 5 informative Einblicke in unsere Heimatgeschichte und ein übersichtliches Bild von der historischen Entwicklung des Ortes Nette, wobei die „Mengeder Straße“ im Mittelpunkt der Ausführungen des Heftes steht. Das Heft 5 ist im örtlichen Buchhandel und in der Wodan-Apotheke (Nette) erhältlich.

Paul Gausepohl

 


Tagesausflug des Heimatvereins


Über Arnsberg nach Willingen

Am Samstag, 11. Juli 2015 findet der diesjährige Tagesausflug des Heimatvereins statt. Start ist um 8:00 Uhr am Busbahnhof am Mengeder Marktplatz und nach der üblichen Rast auf dem ersten Teilstück erreichen wir mit Arnsberg die erste Station. Durch die Altstadt von Arnsberg begleiten uns ortskundige Führer bevor es mit dem Bus weitergeht nach Willingen.

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Neujahrsausgabe des Mengeder Wochenblattes1903

Im Hotel 2010 hoch über der Stadt ist im Panoramarestaurant der Tisch für uns gedeckt, bevor uns der Bus zur größten Normal-Skischanze der Welt ins romantische Strycktal bringt. Behindertengerecht erreichen wir den Sprungturm der Mühlenkopf-Schanze und können uns ein Bild von dem machen, was die „Flieger“ auf ihrem langen Flug ins Tal zu vollbringen haben. Mitglieder des Skiclubs Willingen zeigen uns die Schanze hinter den Kulissen. Der Tagesausflug kann an den Stammtischabenden, auf der Jahreshauptversammlung aber auch per Mail unter

onlineredaktion@heimatverein-mengede.de

an den Heimatverein gebucht werden.  

Fr.-Heinrich Veuhoff


Heimatblätter per Email?


Die Verteilung unserer Heimatblätter erledigen Mitglieder unseres Vereins, dafür sind wir sehr dankbar. Sollten Sie mit einem PC arbeiten, dann überlegen Sie doch bitte, ob wir Ihnen unsere kleine Lektüre auch per Email zukommen lassen dürfen. Ist das der Fall, dann mailen Sie uns dies doch bitte, unsere Verteiler würden sich über eine Entlastung freuen.

onlineredaktion@heimatverein-mengede.de

Ihre Heimatblätter-Redaktion

Impressum: Herausgeber: Heimatverein Mengede e.V. – Redaktion: Franz-H. Veuhoff, Am Hohen Teich 14, 44359 DO (0231 – 33 76 90)