Ein launiger Vortrag von „Wirtschaftswunderkind“ Franz-Heinrich Veuhoff auf dem Februar-Stammtisch des Heimatvereins Mengede. Er weckte bei etlichen Weggefährten unter den Zuhörern Erinnerungen an alte Zeiten.

Es gibt noch die alten Straßen und Gebäude, in denen Schankwirtschaften regen Zulauf hatten. Doch wo sind die beliebten gemütlichen Gasstätten, die Kneipen „um die Ecke“, geblieben? Etwas Wehmut klang schon durch seinen gut strukturierten und mit Beifall bedachten Vortrag. Neben der eher sachlichen Bestandsaufnahme von früher bis heute ließ er auch einige interessante Anekdoten einfließen. „Aber nicht so viele, sonst müssen wir den Stammtisch in einer langen Serie fortsetzen“, nimmt Veuhoff augenzwinkernd auch einen überschaubaren Zeitrahmen ins Visier.

Hans-Ulrich Peuser stellt die nächsten Aktivitäten des Heimatvereins vor. Anschließend übernimmt Franz-Heinrich Veuhoff das Mikrofon.

Über 120 Jahre ist es her. Anfang des 20. Jh. gab es in Brüninghausen, Groppenbruch, Mengede, Nette, Oestrich und Schwieringhausen gerade mal 17 Lokale, von denen heute nur noch vier ihre Türen öffnen.

Die damaligen Gemeindeväter eröffneten Wirtschaften in Mengede (1908), Oestrich und Nette (1911), um damit Geld in die Gemeindekassen fließen zu lassen. Nebenbei sollte durch moderne Einrichtungen, den sozialen Zeitanforderungen entsprechend, der Aufenthalt möglichst angenehm empfunden und übermäßiger Alkoholgenuss gesteuert werden. Mit Erfolg: Der gute Gewinn für die Gemeinde und das Ergebnis aus den Mieteinnahmen, die sich nach den Verkaufszahlen von Bier, Schnaps und Liköre errechneten, war beachtlich. Der Amtmann Pauly sah sich übrigens später genötigt, im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu verordnen, dass die Wirtschaften an sämtlichen Lohn- und Abschlagstagen bis 6 Uhr abends zu schließen sind bzw. der Verkauf und die Abgabe von Branntwein verboten ist.

Später berichtete Franz-Heinrich als „Halbstarker“ von einem Zechgelage mit seinen Kumpels. Er musste danach zu Hause durch das Schlafzimmer der Eltern in seine Schlafstelle schleichen. Doch seine Mutter mit ihrem feinen Gehör ermahnte ihn ob der späten Heimkehr. Sein Vater antwortete entspannt: „Na lass ihn, er ist doch unser Wirtschaftswunderkind“.

In seiner Präsentation navigierte Franz-Heinrich aus allen Himmelsrichtungen von den äußeren Stadtteilen zum alten Ortskern Mengede. Er zählte 51 Gaststätten. Rekordverdächtig: Die Castroper Straße Richtung Dingen hatte mit 11 Gasthäusern auf 650 Metern die stärkste Kneipendichte.

Wetten das….

An manchem Tresen wurde heftig diskutiert, weiß Franz-Heinrich Veuhoff zu berichten. Wenn man sich nicht einig war, dann wurden Wetten abgeschlossen. Die Wahrheit sollte ans Licht. Detlef Block, Udo Jacob, Friedhelm Köster rollten über 10000 Meter ein Bierfass von der Union-Brauerei nach Oestrich. Oder ein anderer Zeitgenosse zierte sich nicht, sonntagmorgens zur Gottesdienstzeit in der Emscher zu schwimmen. Der Fairness-Gedanke spielte damals auch schon eine Rolle. Der ausgesetzte Wetteinsatz wurde jeweils gemeinsam in der Stammkneipe in diversen Bierrunden umgesetzt.

Ein Kriminalfall beherrschte die Mengeder Schlagzeilen im 19. Jahrhundert

„Die Ehefrau Trösken – Vergiftung oder normaler Tod?“ Das Protokoll:

  • Am 24 Mai 1859 verstirbt die Ehefrau Trösken, 
  • ihre Verwandten erheben Anklage wegen Mordes gegen den Ehemann und die Hausmagd, als Geliebte des Trösken.
  • Das Gericht geht von einer Vergiftung aus und verurteilt die Angeklagten zum Tode.
  • In der Gnadeninstanz werden die zum Urteil führenden Gutachten angezweifelt, 
  • die oberste preußische Medizinal Behörde bestätigt das Urteil nur knapp und wandelt es in eine lebenslange Zuchthausstrafe um. 
  • Die Mutter der Angeklagten erreicht durch ein Gnadengesuch an den König, dass die Strafe bis auf Weiteres nicht vollstreckt wird und nach drei Jahren werden beide in Freiheit gesetzt.

Historische Bauwerke mit ihren Schankwirtschaften

Zum Schluss richtete Franz-Heinrich Veuhoff den Fokus auf unser Vereinshaus. Das Baudenkmal wurde seit 1666 urkundlich nachgewiesen. Postkutschenstation, Telefonsprechstelle, ev. Kirchspielschule waren die herausragenden Merkmale im 19. Jahrhundert. Neun Vereine und Interessengruppen fanden dort ab 1950 ihre Heimat.

Bekannt sei unter den alten Mengedern noch der alte Brahms, der beim Anheben des Glockenläutens am Sonntag den Gästen das Gesangbuch in die Hand zu drücken pflegte, damit sie erst einmal ihrer Pflicht als Christen nachkämen.

Der kurzweilige Vortrag fand bei den Zuhörern großen Anklang. „Wirtschaftswunderkind“ Franz-Heinrich Veuhoff freute sich über den langanhaltenden Applaus.

Text und Fotos: Peter Kaufhold, Historische Dokumente: Franz-Heinrich Veuhoff (Archiv)