Landwirtschaft im Wandel
Die Landwirtschaft gestern und heute mit besonderem Blick auf die Landwirtschaft im Stadtbezirk Mengede war der Inhalt eines Vortrages von Wilhelm Budde beim Mai-Stammtisch des Heimatvereins.
Er war 28 Jahre lang Vorsitzender des Ortverbandes Dortmund West (früher Nord-West). Der heute 76-jährige hat als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebes in Westerfilde, den er inzwischen seinem Sohn Sven-Olaf übergeben hat, viele Änderungen selbst erlebt und kennt die davor liegenden Gegebenheiten aus den Erzählungen seiner Eltern und Großeltern. Die Familie betreibt nachweislich seit 350 Jahren Landwirtwirtschaft im hiesigen Bereich. „Früher haben viele Landwirte und ihre Beschäftigten wenige Menschen ernährt, heute ist es umgekehrt.“ Das ging nur mit Hilfe von strukturellen Veränderungen wie der Betriebsgröße, Änderungen der Produktionsmethoden und Spezialisierungen.
Während in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts noch 50 Morgen Land und 8 Kühe für einen landwirtschaftlichen Betrieb ausreichten, waren gegen Ende des Jahrhunderts schon 200 Kühe notwendig. Um die Veränderungen zu verdeutlichen, erwähnte Budde Dreschflegel, Dreschkasten, Sensen, Selbstbinder als Beispiel früherer Produktionsmittel. Zur Veranschaulichung hatte er Bilder eines Oldtimertreffens auf dem Westerfilder Berg im Jahre 2001 mitgebracht. Heute sind Schlepper von 135 bis 300 PS im Einsatz, die mit Anschaffungskosten von über 100.000 € und ein Mehrfaches zu Buche schlagen, was für den einzelnen Betrieb, besonders wenn er als Nebenerwerbsbetrieb geführt wird, eine immense Investition ist. Auch die Unterhaltung ist nicht preiswert, ein Satz neuer Reifen kostet z.B. zwischen 10.000 und 18.000 €. Wo es sich anbietet und wenn es sich organisatorisch lösen lässt, bringt das „Geräte-Sharing“ wesentliche Vorteile. Oder man greift auf Ackergeräte von Lohnunternehmen zurück, die aber oft noch größere Maschinen einsetzen und häufig unter Zeitdruck arbeiten.
In bestimmten Bereichen sieht Budde auch Fehlentwicklungen, so kommt es durch die Förderung von Biogasanlagen zu Monokulturen im Maisanbau, wobei der große Einsatz des Rohstoffs in keinem Verhältnis steht zu dem niedrigen Produktionsergebnis steht. Budde kritisierte auch die Marktmacht der kommerziellen Fleisch- und Schlachtindustrie und der Discounter, die seiner Meinung nach nicht nur die Preise drücken und die Bauern an den Rand des Existenzminimums drängen, sondern auch für Großbetriebe in der Landwirtschaft und für nicht artgerechte Tierhaltung gesorgt haben. Kritik äußerte er auch an der Subventionspolitik der EU, bei der die großen Betriebe auch die höchste Förderung erhalten, selbst solche Unternehmen wie der Entsorger Rethmann, die sich in Sparten der Landwirtschaft durch Investitionen breitmachen.
Der in letzter Zeit zunehmenden Ackerrandstreifenbegrünung steht Bude durchaus positiv gegenüber, beklagte aber kontraproduktive Strömungen wie die Verwandlung der Vorgärten in Steinwüsten. Oder das rücksichtslose Verhalten der Hundebesitzer, die die Randstreifen als Hundeklo nutzen, ohne für die entsprechende Entsorgung zu sorgen.
In letzter Zeit stark zugenommen hat auch die wilde Müllentsorgung auf Randsteifen, Feldwegen und Ackerflächen. So fand Budde auf seinem Anwesen vor Kurzem 20 illegal abgelagerte Autoreifen.
Im Mengeder Raum hat die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe drastisch abgenommen, so gibt es nur noch 3 Vollerwerbsbetriebe, wenige Nebenerwerbsbetriebe, wobei sich einige von ihnen noch zusätzliche Standbeine wie Pensionspferde zugelegt haben. Das Anpachten von zusätzlich benötigten Flächen birgt auch Unsicherheiten, weil solche Verträge von den Anbietern oft nur mit relativ kurzen Befristungen von einem Jahr angeboten werden.
Obwohl die Gülleverordnung strenge Überwachung und Buchführung der abgelagerten Mengen und Flächen verlangt, gibt es Probleme. „Wenn wir maßvoll mit der Gülle umgehen, gibt es immer im Rahmen der EU noch den ‚Gülletourismus‘ z.B. aus Holland, der Probleme bringt.
Kontrovers wurde der Einsatz von Pestiziden und Unkraut- und Läusevernichtern diskutiert, wobei Budde die Ansicht vertrat, dass bei verantwortungsvollem, maßvollem Einsatz und Beachtung der „Ruhezeiten“ keine gesundheitlichen Gefahren bestünden, eine Ansicht, die nicht von allen Zuhörern geteilt wurde.
Budde schloss seinen Vortrag mit einer humorvollen Geschichte mit Seitenhieben auf Politik, Verwaltung und Kapitalismus.
Diethelm Textoris