Wir, der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland mit seinen Landesverbänden, stellen uns entschieden gegen die Verwendung des Heimatbegriffs zur Diskriminierung und Ausgrenzung vermeintlich Anderer. Dafür haben wir gute Gründe.
Wir sehen, dass der Heimatbegriff von rechten Gruppierungen immer wieder missbraucht wurde und wird, um Menschen auszuschließen, diese als „nicht zugehörig“ zu markieren und damit zu diskriminieren oder um andere reaktionäre politische Ziele zu verfolgen. Ein solcher Umgang mit
dem Begriff und dem Phänomen Heimat ist undemokratisch: Die Argumentation der Rechten stellt die „Heimat der Deutschen“ als naturgegeben und einheitlich dar, sie würde sich grundsätzlich von
der Heimat zugewanderter Menschen unterscheiden. Es wird ein Mythos einer vorindustriellen Gesellschaft mit „richtiger“ Heimat verbreitet, die Rückkehr zu dieser würde durch Andersglaubende, Andersaussehende oder Andersdenkende bedroht. Durch diese Konstruktion von
Unterschieden wird versucht, Ausgrenzung, Diskriminierung, Hass und Gewalt zu legitimieren.
Teilhabe für alle
Wir und unsere Engagierten setzen uns aktiv für Heimat ein, weil wir Heimat als etwas Wertvolles erachten. Sie ist nicht selbstverständlich. Heimat ist ein fragiles Konstrukt, das oft von politischen Tendenzen vereinnahmt wird. Sie ist gewinnbringend, wenn sie Solidarität und Gemeinschaft schafft. Heimat bedeutet Verortung und auf vielfältige Weise Zugehörigkeit, materiell und räumlich, sozial, virtuell oder in anderen Formen. Bezugspunkte für Heimat können die Landschaft, die Stadt,
das Dorf oder die Nachbarschaft sein. Genauso können jedoch Natur- und Kulturerbe, Arbeit und Gemeinschaft, geteilte Überzeugungen, gemeinsame Interessen und der Austausch zwischen Menschen Heimat sein. Heimat zu finden ist auch ein Prozess des Knüpfens und Vernetzens von Beziehungen und sozialen Strukturen, der den Zusammenhalt stärkt. Die Grundlage dafür ist die Kommunikation, eine entscheidende Voraussetzung ist die Möglichkeit der Teilhabe und der Teilnahme für alle.
Heimat ist Vielfalt
Dem politischen oder ideologischen Missbrauch von Heimat stellen wir uns entschieden entgegen. Es gibt und gab zu keinem Zeitpunkt eine homogene Heimat oder eine homogene Kultur. Vielmehr bestanden schon immer Austausch und Anpassung von Kulturen und deren Techniken, sodass –
trotz aller regionaler Eigenheiten – fließende Übergänge, Dynamiken und Entwicklungen integrale Bestandteile unseres Kulturerbes sind. Zuwanderung und das Zusammenleben verschiedener Religionen und Lebensmodelle gehören selbstverständlich zu unserer Lebensrealität in
Deutschland. Niemand hat das Recht, anderen die Zugehörigkeit zu Heimat abzuerkennen. Wir können und wollen daher weder eine Abgrenzung zu vermeintlich „Anderen“ vornehmen noch einen „naturgegebenen“ und unveränderlichen Zustand von Heimat anerkennen. Es ist für uns nicht
plausibel und nicht akzeptabel, Bestehendes und Neues in eine Hierarchie zu bringen oder Teilaspekte zu bevorzugen.
Heimat durch gemeinsame Arbeit bestimmen
Wir wollen das vielfältige materielle und immaterielle Kulturerbe sowie Kulturlandschaften und das Wissen darüber erhalten und weiterentwickeln. Dafür setzen wir uns mit unserer Arbeit ein. Das
lebendige Wissen über Traditionen und Erbe ist uns wertvoll. Uns ist aber bewusst, dass dieses Erbe nicht statisch, sondern gewachsen ist und weiter wächst. Einen kreativen Umgang damit und die Ergänzung durch Neues mit jeder Generation befürworten wir daher.
Die Verwendung des Heimatbegriffs als Mittel der Ausgrenzung von Menschen ist demokratiefeindlich, ganz gleich auf welchen Grundlagen die Ausgrenzung basiert, ob auf rassifizierenden, nationalistischen, antisemitischen, antiziganistischen oder anderen diskriminierenden Grundlagen. Das Grundgesetz wissen wir dabei auf unserer Seite. Wer
hier ist, hat ein Recht darauf, Heimat in Deutschland zu erfahren, zu bilden und hier heimisch zu werden. Als Engagierte in der Heimatpflege sehen wir es als unsere Aufgabe an, dies in unserem Rahmen zu ermöglichen. Heimat ist eine Einladung.
Wir sagen klar: Wer da ist, gehört zur Heimat dazu.
November 2020