Heimatblätter | ||
Beiträge und Geschichten aus dem Stadtbezirk Mengede Herausgegeben vom Heimatverein Mengede e. V. |
||
|
||
Nr. 42 | Dezember 2014 | 13. Jahrgang EP 0,50 Euro |
|
Krippe in der weihnachtlich dekorierten Heimatstube
Wir wünschen allen Mitgliedern und Gönnern des Vereins sowie allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Stadtbezirk Mengede eine besinnliche und ruhige restliche Adventszeit, ein friedliches und frohes Weihnachtsfest und ein frohes und glückliches Neues Jahr
Mengede im Dezember 2014
Der Vorstand
H.-U. Peuser – J. Karlshaus – G. Obermeit P. Jürgens |
Der Wiedenhof im Glanz der Lichter
Adventsmarkt 2014
Reichlich aufgeblasen kam der Nikolaus den Besuchern unseres Adventsmarktes (vor der und in der evangelischen Remigius-Kirche) in diesem Jahr vor. Außerdem gab es ihn gleich doppelt. Überlebensgroß und aus Plastik. Es gab aber auch einen richtigen Nikolaus mit Stutenkerlen für die Kinder.
Die sechsjährige Victoria Groß strahlte allerdings aus einem anderen Grund. Sie gewann mit ihrem Los am Stand des Netter Carnevals-Clubs den Hauptpreis: Ein Fahrrad samt Helm und Schloss im Wert von rund 200 €.
Die glückliche Gewinnerin war allerdings nicht die einzige, die von der zweitägigen Veranstaltung begeistert war. Schon von Anfang an herrschte reger Betrieb auf dem Kirchengelände.
Und in der Tat, es bewies sich einmal mehr: Schöner und gemütlicher kann das Ambiente für einen Adventsmarkt in Mengede nicht sein.
Bis vor vier Jahren hatte der Nikolausmarkt ein Vierteljahrhundert im Ortskern stattgefunden. Obwohl sich Standort und Marktname inzwischen geändert haben: Der Nikolaus kam, wie bereits eingangs erwähnt, wie immer und brachte zur Freude der Jungen und Mädchen seine leckeren Stutenkerle mit.
Immer gern gehörte: Chor der Regenbogenschule |
Die Kinder kamen aber auch sonst nicht zu kurz: Neben unserem Heimathaus drehte sich ein kleines Karussell, und in der Kirche gab es Kasperle-Theater von der Hohensteiner Puppenbühne. Daran hatten auch viele Erwachsene ihren Spaß, die sich dabei auch an ihre eigene Jugendzeit erinnerten, als Kinderunterhaltung noch nicht vom Bildschirm kam.
Viele der Kinder waren aber auch als Akteure aktiv: Die Emscherwichtel des evangelischen Kindergartens und der Chor der Regenbogen-Grundschule eröffneten den Adventsmarkt mit fröhlichen Liedern. Überhaupt bestimmten Musik und Gesang den unterhaltsamen Teil der Veranstaltung, der in der Kirche stattfand.
Zu hören und zu sehen waren der Bläserchor der Noah-Gemeinde, die Mengeder Chöre „Take Two“ und „Cäcilia “ (katholische Kirchengemeinde) sowie das Duo „Statements“ (Karoline und Reinhard Kraus) und Matthias Strucken´s Christmas-Brass-Band, die mit flottem Jazz begeisterte.
Ohne sie geht nichts: Die dienstbaren Geister |
Besucher, die weihnachtliche Deko-Artikel oder Geschenke suchten, konnten an 18 Ständen rund um die Kirche vorbeischlendern, wo sie eine große Angebotspalette vorfanden. Zu kaufen gab es u. a. Modeschmuck, Weihnachtskugeln und Bastelarbeiten.
Auch der der kulinarische Bereich konnte sich sehen lassen: Ob Schmalzbrotschnittchen, Bratwürstchen, Kartoffelpuffer oder Ziegenkäse-Häppchen. Wer Appetit hatte, der hatte die Qual der Auswahl. Und auch beim Glühwein musste man sich entscheiden. Denn den gab es mit und ohne Alkohol. Beides schmeckte.
Im Zusammenhang mit unserem Adventsmarkt fand auch in diesem Jahr wieder ein verkaufsoffener Sonntag des Mengeder Gewerbevereins statt, bei dem der Nikolaus auch zum Einsatz kam. Ein Drehorgelspieler begleitete ihn durch die Geschäfte in den Ortskern, in denen reger Betrieb herrschte. Am Ende sah man zufriedene Gesichter bei Kunden und Verkäufern.
Gewerbevereins-Vorsitzender Heinz-Dieter Nolte zog dann auch eine positive Bilanz: „Der offene Sonntag vor Weihnachten war für uns Gewerbetreibende auch in diesem Jahr wieder ein wichtiges und ein erfreuliches Ereignis“.
Die Kaufleute hatten mit Rabatten zwischen 10 und 20 Prozent (Stoffe gab es sogar zum halben Preis) geworben. Außerdem stellte die Ferienspaß-Bimmelbahn „Der Alte Fritz“ die Verbindung zwischen dem Mengeder Ortskern und unserem Adventsmarkt her. Für den „Sonderzug“ hatte der Gewerbeverein extra im Amtshauspark einen kleinen beleuchteten Bahnhof mit Haltestellenschild und Getränke-Service eingerichtet. Die Bahn fuhr alle 20 Minuten für 50 Cent pro Person. Der Erlös war für den Ferienspaß bestimmt.
Karlheinz Bohnmann
Denkmal des Monats Dezember 2014
Unser „Emscherdom“
Bis vor kurzem standen fünf große Grabplatten an der Außenseite des Chores der alten Mengeder Kirche. Sie gehörten zu den Grabstätten von fünf Pfarrern der Gemeinde. Drei der Platten haben – um sie vor Wind und Wetter zu schützen – nach Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen im Kirchturm einen neuen Platz gefunden, zwei befinden sich im Eingangsbereich des ev. Friedhofs an der Mengeder Schulstraße. Für die Denkmalbehörde Dortmund ist dies Anlass, die Grabplatten der fünf Geistlichen zusammen mit der Mengeder Kirche als Denkmal des Monats Dezember 2014 vorzustellen.
Eine der von Dr. Hellbrügge restaurierten Tafeln |
Die heutige Kirche St. Remigius stammt aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Sie ist damit ungefähr gleich alt wie die Brechtener Dorfkirche oder St. Reinoldi. Bei Ausgrabungen 1989 hat man überdies festgestellt, dass an derselben Stelle bereits ein Vorgängerbau aus dem 9. Jahrhundert stand. Das hohe Alter der Gemeinde kann man auch am Namen des Kirchenpatrons ablesen. Der heilige Remigius war um 436 als Sohn einer wohlhabenden Familie in Frankreich geboren worden. Als Missionar der Franken war sein bedeutendstes Lebenswerk die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig 496 oder 497. Damit hatte Remigius einen wesentlichen Grundstein für die Ausbreitung des christlichen Glaubens in Mitteleuropa gelegt. In Folge wurden bis ins 11. Jahrhundert viele Kirchenneugründungen seinem Schutz unterstellt – so auch in Mengede.
Den Besucher empfängt die Kirche mit einem außergewöhnlichen Reichtum an Baugliedern und Ausstattung. Das meiste stammt noch aus dem Mittelalter. Neben romanischen Pfeilerkapitellen mit wunderschöner Blattornamentik, Konsolen in Form von Widderköpfen und rundbogigen Fenstern weisen Spitzbogen und Gewölbe bereits auf die Gotik hin. Aber nicht alles, was auf den ersten Blick mittelalterlich aussieht, ist es auch. Der „romanische“ Taufstein und der „mittelalterliche“ Laubengang am Turm wurden erst bei einer der zahlreichen Restaurierungen und Renovierungen in den Jahren 1914/15 geschaffen. Das farbenfrohe Erinnerungsmal für den Gerichtsherrn Mathias von Büren und seine Gemahlin Margareta von 1625 zeigt dagegen die damals moderne Gestaltung des Manierismus. Aus dem Barock stammt der Altaraufsatz mit den typischen gedrehten Säulen, das Altarbild mit der Heimkehr des Verlorenen Sohnes dagegen erst von 1902. Andere Einrichtungsgegenstände, wie das Gestühl, gehen auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück.
Die Kirchenchronik berichtet, dass die „evangelisch-lutherische Religion „um „1590 oder vielleicht noch viel früher“ die Gemeinde Mengede erreicht hatte. Anfangs gab es offensichtlich keine Probleme, weil man zunächst nur die „gröbsten Irrtümer und eigentlichen Kennzeichen“ der alten Religion abgeschafft habe. So sei die Reformation „ohne Zweifel ganz allmählich und glimpflich“ eingeführt worden. Neue Pfarrer wurden verpflichtet, „auf evangelisch zu predigen“. Doch so „glimpflich“ scheint es dann doch nicht gegangen zu sein, denn zwischen 1609 und 1672 verrichteten zweitweise zwei Seelsorger unterschiedlicher Konfessionen zur selben Zeit ihren Dienst in der Kirche. Erst 1672 kam es zu einem Religionsfrieden mit den verbliebenen Katholiken. Nachdem sie auf die Kirche verzichtet hatten und mit 5000 Thalern abgefunden waren, durften sie ihre Religion weiterhin öffentlich ausüben und tun dies bis heute in einer – wesentlich jüngeren – zweiten St.-Remigius-Kirche in Mengede.
Die jetzt restaurierten und gesicherten Grabplatten erinnern alle an protestantische Pfarrer der Gemeinde. Die älteste verkündet den Tod des Pfarrers Johann Leveringhaus 1628 und vermerkt auf Latein, dass er „Diener des reinen Gotteswortes“ gewesen sei.
Wiedenhof mit Kirche um 1912 |
Währendseiner Zeit konnte die Reformation endgültig in Mengede Fuß fassen. Die übrigen Steine erinnern an die Pfarrer Heinrich Melchior Beurhaus (gest. 1685), Albert Hausemann (gest. 1673), Petrus Johannes Hausemann (gest. 1724) und Friedrich Christian Hausemann (gest. 1851). Die drei Grabplatten der Hausemanns tragen alle ein Haus als Familienwappen. Mit insgesamt sieben Pfarrern zwischen 1657 und 1903 spielte die Familie eine bedeutende Rolle in der Gemeinde, der sie u. a. ein silbernes Abendmahlgeschirr sowie das bereits erwähnte Altarbild mit der Heimkehr des Verlorenen Sohnes stiftete. Das heutige Seniorenhaus Hausemannstift an der Mengeder Schulstraße geht auf eine Initiative des Pfarrers Friedrich Hausemann zurück, der das Startkapital für ein Krankenhaus an dieser Stelle zusammentrug.
Denkmalbehörde Dortmund
Über Mengedes Geschichte (5)
Früher war unser Ort ein Königsgut
„Mengede hat eine lange Geschichte, die bis in die Zeit vor 1000 Jahren zurückgeht.“ Das schrieb in den 20er Jahren der evangelische Pfarrer Albrecht Stenger I. (Pfarrer Von 1885 – 1928, * 24.12.1858 † 08.10.1942) in einer Fortsetzungsreihe, die unter dem Titel „Heimatbilder“ im „Mengeder Lokal-Anzeiger“ erschienen ist. Ein Rückblick, der nicht nur für Neu-Mengeder interessant ist. Deshalb berichten wir in einer von Karlheinz Bohnmann – unter Berücksichtigung aktueller Aspekte – bearbeiteten Serie in Auszügen über die Nachforschungen Stengers, die übrigens später von seinem Sohn Pfarrer Dr. Albrecht II. (1896 – 1988) fortgesetzt wurden.
1827 wurde das Verwaltungsbüro von Mengede nach Castrop verlegt. Weiter berichtete Stenger in seinen historischen Betrachtungen auch über mehrere Großfeuer: „1828 brannte Vogt ab, 1831 wurde Rittershofe von einem Brande zerstört, auch Kattenstedt´s Hof in Nette brannte ab.“ Wie „auch Stamms Haus in Deininghausen“ wurden sie durch Neubauten ersetzt. Bereits 1827 wurden „die Häuser der Bürger Ortmann, Hagemann und Trösken neu erbaut.“
Auch die Einwohnerzahl nahm „im Laufe der Jahre langsam zu, sodass sie nach dem Kriege1871 1039 betrug“. Stenger euphorisch weiter: „Mit dem allgemeinen Aufschwung begann es auch hier sich zu regen.“
Ein dafür wichtiger Grund: „Eine Bohrgesellschaft, zu der auch der damalige Pfarrer Hausemann“ gehörte, hatte Kohlen gefunden.“ Am 1. August 1873 wurde von der Berliner Diskontgesellschaft, die „die Sache in die Hand genommen hatte und der erste Spatenstich zu einer Kohlenzeche getan, die den Namen des Mitinhabers jener Bank des Finanzmannes Adolf von Hansemann bekam.“
Stenger berichtete aber auch über die großen Schwierigkeiten infolge von Wassermassen, durch die die Arbeiten ein Jahr später wieder eingestellt wurden. „Und der Schacht ersoff.“ 1881 hatte man nochmals „mit dem Sümpfen“ begonnen, aber „erst der 1888 begonnene Versuch, einen neuen (II.) Schacht abzuteufen, hatte Erfolg, und nun hatte man auch den Mut, den vorgeschriebenen dritten Schacht niederzubringen, und kam „trotz der beschriebenen Wassermassen durch das Abbohrverfahren zum Ziele“
Das wirkte sich auch auf die Einwohnerzahl aus, die „schon 1900 auf 4335 angewachsen war und mit Oestrich, Groppenbruch und Schwieringhausen, die 1917 eingemeindet wurden, zusammen 15113 zählt.“ Zum Vergleich führte Stenger an: Ickern, das – wie bereits erwähnt – früher auch zum Amt Mengede gehörte, hatte 13191, Nette 4181, Westerfilde 362, Bodelschwingh 1582, Brüninghausen 808, Deininghausen (Anm.: auch ehemaliger Teil von Mengede) 486 und Ellinghausen 195 Einwohner. Stenger; „Diese alle zusammen machen das Amt Mengede aus.“ (Anm.: Heute hat der Stadtbezirk Mengede rd. 38.500 Einwohner)
Im nächsten Kapitel seiner „Heimatbilder“ beschäftigte sich Stenger mit den adligen Häusern in und um Mengede.
Grüße an die Heimat
Feldpost aus Weltkrieg I
Dem Heimatverein wurde von unserem Mitglied Petra Hemker ein „persönlicher Schatz“ leihweise zur Verfügung gestellt, der fast vergessen in der Alten Heimatstube lag. Ein Fotoalbum mit mehr als 500 Feldpostkarten, die Karl Schusterschitz (Darstellung links: Selbstbildnis von Karl, als zeichnender Kriegs-Berichterstatter) seit dem ersten Kriegsjahr an seine Familie, die an der Dönnstraße lebte, gerichtet hatte. Das Besondere daran ist, dass diese Karten auf der Vorderseite von Karl Schusterschitz gestaltet wurden. Petra Hemker und Otto Schmidt hatten in mehreren Arbeitssitzungen diese Nachrichten aus dem Feld ausgewertet. Im Heimatblatt 39 vom Juni d.J. hatten wir uns speziell mit dieser Arbeit befasst.
Wie kam es zur „Feldpost“?
Am 1. August 1914 wurde in Deutschland unter Jubel die Mobilmachung verkündet. Viele Deutsche meinten, gegen Russland und Frankreich in einen gerechten und dazu nur kurzen Verteidigungskrieg zu ziehen. „Weihnachten sind wir wieder zuhause!“ war die Meinung in der Heimat. Unzählige Freiwillige zogen an die Front und ihre oft einzige Verbindung in die Heimat war über Jahre die Feldpost,
Benötigt diese Karte einen Kommentar? |
die gleich mit Beginn des Krieges eingeführt wurde. Sie war für die Familien und ihre an die Front kommandierten Angehörigen oft die einzige Chance, miteinander in Kontakt zu bleiben. Wie man sich fern der Heimat auf Nachrichten von zu Hause sehnt, mögen folgende Zeilen von Karl Schusterschitz, die er am 5. August 1915 an seine Familie geschrieben hat, verdeutlichen:
„Ich warte und warte auf Brief und Karte. Die Cigaretten schmecken fein, bloß zum lesen ein Brief sollte sein. Und er wiederholt in einer späteren Nachricht: Ich wein nicht, kostet Euch das so viel, oder ist das so schwer, möchte Euch noch einmal bitten, schreibt.
Die Feldpost (Karte, Brief, Päckchen oder Paket) musste nicht mit Briefmarken versehen werden, sie war gebührenfrei. Kein Wunder also, das viele Millionen Feldpostkarten, Briefe, Päckchen, Zeitungen und Pakete in beide Richtungen unterwegs waren. Keine leichte Aufgabe für die Feldpostsoldaten, denn die ständigen Verschiebungen der Truppenstandorte führten zu Problemen bei der Zustellung, die schließlich sogar vom Kaiser persönlich gerügt wurden. Die Feldpost war auch ein boomendes Geschäft, denn etwas 250 Anbieter konkurrierten mit ihren Karten um die Gunst der Käufer.
Diese AK erreichte die Heimat im Januar 1918 |
Die Post wurde zensiert und unterlag dem Strafgesetzbuch und der Militärzensur, Zuwiderhandlungen wurden mit Schreibverbot oder in schweren Fällen mit Arrest belegt. Postsperren wurden verordnet, um Truppenbewegungen oder Angriffsvorbereitungen geheim zu halten. Nur unverschlossene Briefe wurden erst nach Prüfung des Vorgesetzten für den Versand freigegeben.
Fr.-Heinrich Veuhoff
Die erste Wasserleitung (2)
Das Wasser kommt in die Häuser
Mit der Gründung des „Wasserwerk für das nördliche westfälische Kohlenrevier“ am 28.01.1887 in Castrop und den Bemühungen der Bergbaugesellschaften zur Verlegung von Wasserleitungen kam endlich Bewegung in die Angelegenheit. Die Zeche Westhausen war es dann, die ihre Kolonie in Westerfilde an der A- und an der Alefstraße (Abbruch 1972) bereits 1887 an das Wassernetz über die Gesellschaft in Castrop anschließen ließ. Dieser Anschluss erfolgte von Huckarde aus, da nördlich im gesamten Bereich keine Wasserleitung verlief. Jahr für Jahr musste wegen auftretender Krankheiten in den verschiedenen Gemeinden die Schließung der privaten Brunnenanlagen verfügt werden. Die gesundheitlichen Verhältnisse in den Schulen waren besonders in Bodelschwingh katastrophal. Diese Gemeinde war es denn auch, die die vorhandene Wasserleitung der Zeche Westhausen bis an die Gemeindegrenze durchlegen lassen wollte.
Die Verhandlungen führten allerdings nicht zu einem Erfolg. Der Kreisausschuss versagte die Genehmigung. Eine unvorstellbare Entscheidung, wenn man bedenkt, welcher Belastung die Bevölkerung wegen der auftretenden Krankheiten ausgesetzt war. Die fehlgeschlagenen Verhandlungen waren aber der Anlass, eine Grundversorgung des gesamten Amtes nunmehr mit allen Mitteln zu erreichen.
Ein Kompromiss führte zur Sicherstellung der Wasserversorgung. Mit Vertrag vom 12. Februar 1896 verpflichtete sich das „Wasserwerk für das nördliche westfälische Kohlenrevier“ zur Verlegung der Leitungen und die Gemeinden stellten für diese Arbeiten die Flächen in den Straßen und Wegen unentgeltlich zur Verfügung. Die Vertragsdauer wurde zunächst mit 25 Jahren vereinbart und wie wir wissen, gilt diese Vereinbarung bis in die heutige Zeit.
Mit Abschluss des Vertrages begannen die Planungen und im Sommer 1897 erfolgten bereits die ersten Arbeiten zur Verlegung des Leitungsnetzes, das seine erste endgültige Ausbaustufe um die Jahrhundertwende erreichte.
Folgende Arbeiten wurden ausgeführt:
Gemeinde |
Wassernetz/ m |
An- schlüsse |
Kosten Mark |
Hydran- ten |
Bodelschwingh |
3.995 |
27 |
24.314,00 |
13 |
Brüninghausen |
3.349 |
7 |
17.857,00 |
2 |
Deininghausen |
2 |
1 |
||
Deusen |
4.512 |
34 |
34.876,00 |
3 |
Dingen |
2.597 |
4 |
25.340,00 |
3 |
Ellinghausen |
360 |
1 |
1.712,00 |
3 |
Groppenbruch |
2.421 |
4 |
9.244,00 |
1 |
Mengede |
7.560 |
101 |
56.004,00 |
15 |
Nette |
4.222 |
16 |
25.538,00 |
1 |
Oestrich |
3.101 |
7 |
33.030,00 |
3 |
Westerfilde |
1.336 |
11 |
5.519,00 |
2 |
Summen |
33.453 |
214 |
233.434,00 |
47 |
Die Netzlänge und die Kosten von Deininghausen sind in den Zahlen von Dingen und Brüninghausen enthalten. |
Das „Ei“ bei Nacht (Foto: Dr. Ingo Herminghaus) |
Nach Inbetriebnahme bestimmte die Polizeiverordnung vom 15. August 1898 den Anschlusszwang an das Wassernetz für alle Neubaumaßnahmen. Das Wasserwerk hatte sich verpflichtet, bei Bedarf auch die Leitungen in Ickern, in der Mengederheide und in Schwieringhausen unverzüglich zu verlegen.
Das „Lanstroper Ei“, heute ein Baudenkmal im Nordosten der Stadt, war auch der Garant für den Leitungsdruck unseres Netzes. Der Wasserhochbehälter wurde 1905/06 auf einer Anhöhe des Lanstroper Flachrückens errichtet. In dem riesigen „Stahlei“ des knapp 60 m hohen schmiedeeisernen Standgerüstes wurden 2.000 cbm Wasser zwischengespeichert bevor es u.a. in das Wassernetz von Mengede eingespeist wurde.
Weil die Emscher immer mehr zu einem stinkenden Fluss wurde, waren die zunächst verlustreichen Investitionen des Wasserwerkes dagegen zu einem Segen für die Bevölkerung der Emscherdörfer, denn die schweren Erkrankungen reduzierten sich durch die Trinkwasseranlagen merklich bzw. gingen ganz zurück. Auch die Feuerwehr profitierte von der Neuerung. Wie der Tabelle zu entnehmen ist, wurden gleichzeitig in den einzelnen Gemeinden die ersten Hydranten installiert.
Fr.-Heinrich Veuhoff
Aus Zeitschriften und Büchern
Wissenswertes aus dem Stadtbezirk
In loser Folge werden unsere Heimatblätter künftig über Aktuelles und Historisches aus Mengede und Umgebung in Zeitschriften und Büchern berichten, soweit diese Veröffentlichungen für die Mengeder Ortsgeschichte von Bedeutung sind. Für Beiträge oder Hinweise aus dem Leserkreis über bedeutsame Veröffentlichungen ist die Redaktion dankbar.
Erschienen ist jetzt:
„Höfe und Kotten, Zur Landwirtschaftsgeschichte einer Großstadt“. Ausgabe 2/2014 der „Heimat Dortmund“, (Hrsg.: Historischer Verein für Dortmund und die Grafschaft Mark e.V.) ISSN 0932-9757 (1)
Die Zeitschrift Heimat Dortmund befasst sich mit insgesamt zwölf Beiträgen in vier Aufsätzen mit allgemeinen Themen (Archäologie zur mittelalterlichen Landwirtschaft, Auswirkungen des Wetters auf die Landwirtschaft, Landwirtschaft und Bergbau in Zeiten des Krieges und Zwangsarbeit im 2. Weltkrieg) und in acht Aufsätzen mit der Geschichte einzelner landwirtschaftlicher Güter und Gehöfte, davon vier im Dortmunder Nordwesten (Hohe in Bodelschwingh, Bauklohhof in Holthausen, Oberhof in Huckarde und Haus Dellwig in Lütgendortmund).
Die Geschichte des Hofes „Hohe“, heute Gommen, in Bodelschwingh, Schloßstr. 44, wird von dem Bodelschwingher Heimatforscher Otto Schmidt unter dem Titel „Geld ist kein Gut. Kluten sind Gut“ eingehend beschreiben. Der 1440 urkundlich erstmals erwähnte Hof war ein größerer Gebäudekomplex mit umfangreichen landwirtschaftlichen Grundstücken, wie bei den meisten westfälischen Bauernhöfen in nahezu allen Fluren des Ortes verteilt. Das in Fachwerk gebaute Bauernhaus wurde im Jahr 1756 als Vierständerhaus mit eingezogenem Vorschöpsel und Nebengebäuden errichtet. Der Zuschnitt des Hauses, vorgegeben durch das Ständerwerk, ist heute noch weitgehend erhalten. Das jetzt zu Wohnzwecken eingerichtete Bauernhaus ist in der Liste der Baudenkmale der Stadt Dortmund eingetragen.
Das Mitglied des Heimatvereins Holthausen und des Heimatvereins Mengede Ulrike Kalthoff-Lübeck beschreibt in einem weiteren Artikel die Geschichte des Hofes Baukloh in Holthausen. Dieser Hof ist urkundlich bereits 1299 erwähnt. Auch er hat seither eine bewegte Geschichte, besonders in den letzten 150 Jahren, als Kanal- und Autobahnbau sowie der Bergbau immer wieder landwirtschaftliche Hofflächen beanspruchten. Auch in beiden Weltkriegen wurde der Hof von Einberufungen, Naturalabgaben, Bombenabwürfen und Truppenbelegungen getroffen. Zum Hof gehört ein im Jahr 1868 angelegter Privatbegräbnisplatz. Das 1774 errichtete Hofgebäude (Fachwerk) wird auch heute noch sowohl für Wohnzwecke als auch für Viehstallungen genutzt und steht seit 1983 unter Denkmalschutz.
Auch die übrigen Artikel des Heftes geben Zeugnis von einer umfangreichen Geschichte der Landwirtschaft in Dortmund mit seinen Vororten. Das Heft kann keine vollständige Geschichte darstellen; es gibt aber Einblicke in wichtige Teile und Aspekte unserer heimischen Landwirtschaft und ist eine interessante Lektüre für Heimatkundler.
Paul Gausepohl
Mengeder Wochenblatt
Wissenswertes aus dem Stadtbezirk
In Mengede erscheint seit dem 1. Januar 1901 das „Mengeder Wochenblatt“, dasselbe, jeden Sonnabend erscheinend ist im vaterländischen Sinne redigiert und hat sich zur Aufgabe gemacht, seine Leser über die wichtigsten Begebenheiten der verflossenen Woche zu unterrichten. Gratis beigegeben wird ein der Unterhaltung dienendes Blatt: „Illustrierter Hausfreund“.
So beschreibt die Amtsverwaltung das Erscheinen eines eigenen Organs in ihrem Verwaltungsbericht 1889 – 1902.
Neujahrsausgabe des Mengeder Wochenblattes1903 |
Vor dieser Zeit geschah die Publikation amtlicher Nachrichten durch die „Dortmunder Zeitung“, die „Schwerter Zeitung“, durch Ansagen von Haus zu Haus durch Ausschellen und Aushang in einem Schaukasten.
Außer einem Fragment, dem er oben abgebildete Titel entnommen wurde, ist von dieser „Heimatzeitung“ bis heute nichts mehr erhalten und unsere intensiven bundesweiten Forschungen blieben leider erfolglos. Schade, denn gerade Nachrichten aus der Zeit nach dem Übergang ins 20. Jh. sind dünn gesät.
Fr.-Heinrich Veuhoff
Heimatblätter per Email?
Die Verteilung unserer Heimatblätter erledigen Mitglieder unseres Vereins, dafür sind wir sehr dankbar. Sollten Sie mit einem PC arbeiten, dann überlegen Sie doch bitte, ob wir Ihnen unsere kleine Lektüre auch per Email zukommen lassen dürfen. Ist das der Fall, dann mailen Sie uns dies doch bitte, unsere Verteiler würden sich über eine Entlastung freuen.
onlineredaktion@heimatverein-mengede.de
Ihre Heimatblätter-Redaktion
Impressum: Herausgeber: Heimatverein Mengede e.V. – Redaktion: Franz-H. Veuhoff, Am Hohen Teich 14, 44359 DO (0231 – 33 76 90)