Dorfrundgang in Mengede

„Was wollen die vom Heimatverein uns alten Mengedern beim Rundgang durch den historischen   Ortskern wohl Neues zeigen?“ Nicht wenige der TV Mengede-Senioren stellten sich diese Frage, als sie das Winterprogramm des Seniorenbeirats in Händen hielten. „Wir haben doch unsere ganze Jugend hier verbracht und kennen jeden Winkel in- und auswendig!“

Trotzdem waren es schließlich mehr als 30 Personen, die unter der Leitung von Paul Gausepohl, dem 1. Vorsitzenden des Heimatvereins, am 10. April 2014 auf Entdeckungsreise gingen.

Um es vorweg zu sagen: Alle, die aufgrund obigen Vorurteils zu Hause geblieben waren, verpassten den Höhepunkt der diesjährigen Winter-Stammtischrunde.

St. Remigius gab mit seinem 19:00 Uhr-Geläut das Startzeichen, dagegen kam selbst „Erklärbär“ Gausepohl nur mit äußerster Stimmlautstärke an. Das Widum, hergeleitet aus dem Lateinischen, war die erste Station des Spaziergangs. Der aus der mittelalterlichen Rechtssprache abgeleitete Begriff bezeichnet den Bereich um eine Kirche, in dem das Pfarrhaus das größte Gebäude ist. Gleich daneben –wer hätte es gewusst – das ehemalige Armenhaus, in dem bedürftige Menschen in früherer Zeit wohnten und von den wohlhabenderen Kirchenbesuchern mit Nahrungsmitteln versorgt wurden.

Als man dann schließlich durch die Sakristei das hell erleuchtete Kirchengebäude betrat, gleich ein nächstes Highlight: Hans-Ulrich Peuser, der Geschäftsführer des Heimatvereins, beeindruckte die Besucher mit einigen voluminösen Orgel-Variationen. Viele Informationen zur Geschichte der St-Remigius-Kirche, dem ältesten Bauwerk Mengedes (1220 – 1240), rundeten den Besuch ab.

Die schönen Fassaden an der Williburgstraße waren den meisten Teilnehmern bekannt, aber auch hier konnte Paul Gausepohl mit Informationen aufwarten, die vielen nicht präsent waren: Wer wusste z.B., dass aus einem der Gebäude während der Nazi-Zeit jüdische Bürger deportiert wurden? Zwei in den Boden eingelassene Gedenkplatten für Else und Salomon Heimberg erinnern an diese schreckliche Zeit.

Weiter ging´s über die Mengeder Straße (die älteste Gaststätte Mengedes wird gerade zu einem schmucken Wohnhaus umgebaut), entlang der Galenstraße (hier wurde in früheren Zeiten in tiefen Kellern das im Winter aus der gefrorenen Emscher geschnittene Eis aufbewahrt), über die Straße „Am hohen Teich“ (der Namen erinnert an die im Mittelalter vorhandene Umflut, die angelegt wurde, um die Bürger vor Eindringlingen zu schützen), der Siegenstraße mit der im 19. Jahrhundert errichteten katholischen Remigiuskirche bis hin zur „Zielgeraden“, der Freihofstraße, wo die Ruine der ehemaligen Gaststätte „Schieferecke“ das Ortsbild prägt.

Im gemütlichen Heimathaus fand dann die „zweite Halbzeit“ des Dorfrundgangs statt. Viele Fragen der wissbegierigen Wanderer mussten beantwortet werden und einige Dönekes aus dem wohl unendlichen Anekdotenschatz Gausepohls – so zum Beispiel die Geschichte mit den Hinterlassenschaften der evangelischen Hühner (keine Eier!)  auf dem katholischen Kirchplatz –  sorgten für Erheiterung.

Bezeichnend für die Gastfreundschaft der Mengeder Bevölkerung noch eine kleine Randnotiz: Die große Schar der Wanderer im abendlich stillen Mengede animierte einige aufmerksam gewordene Anwohner spontan, die heimatkundlichen Eindrücke mit einem angebotenen Schnäpschen verstärken zu wollen.