Erkenntnisse der archäologischen Untersuchungen in der Schlosskirche in Bodelschwingh in 2001

Eingebettet in den Ort: Die Schlosskirche in Bodelschwingh

In der ev. Kirche in Dortmund-Bodelschwingh führte die Denkmalbehörde Dortmund vom 28.05. – 28.06.2001 archäologische Ausgrabungen im Innenraum durch. Anlass der Untersuchungen war der geplante Heizungseinbau, der an mehreren Stellen Eingriffe in den Boden unterhalb des Kirchenfußbodens erforderlich machte und so die Gefahr bestand, dass Teile des Denkmals, nämlich Spuren aus der unterirdischen Geschichte der Kirche, z. B. Grabstellen, zerstört würden. 

Die Kirche wurde ? nach bekannter schriftlicher Quellenlage ? 1312 von Giselbert von Bodelschwingh, genannt Specke, gestiftet. Sowohl die kunstgeschichtlichen als auch die bauhistorischen Forschungen gehen bislang davon aus, dass dies die erste Kirche am Ort ist und es sich bei dem heute existierenden Bau um diese dann 1322 fertig gestellte Kirche handelt. Der Chor soll in der Mitte des 14. Jh. angefügt worden sein und erst im 17. Jh. entstand der Westturm.Die archäologischen Untersuchungen zeichnen jetzt ein differenzierteres Bild.
Beide Längswände des Kirchenschiffs überschneiden zahlreiche christliche Bestattungen. Diese müssen ihrerseits zu einer älteren Kirche gehört haben, da ab dem 9. Jh. n. Chr. nicht mehr die „heidnischen“ Friedhöfe für Begräbnisse benutzt werden durften, sondern die Verstorbenen an den Kirchen beerdigt werden mussten.
Im Innenraum der Bodelschwingher Kirche lassen sich jetzt auch Reste dieser älteren Kirche fassen. Fundament und Baugrube einer Mauer, die ungefähr in der Fortsetzung der nördlichen Chorwange nach Westen zieht, sowie Baureste parallel dazu, ungefähr in der Fortsetzung der südlichen Chorwange zeigen einen knapp 7 m breiten Raum an. Sein westlicher Abschluss ist unsicher, doch einiges deutet darauf hin, dass eine Mauer in Höhe der heute im Westen stehenden Emporenpfeiler existierte. Damit würde dieser Raum eine Länge von 7 – 8 m besessen haben (ca. 50 qm). Bei einer nachgewiesen Stärke der Mauern von 60 – 65 cm kann dieser Raum kein Gewölbe getragen haben, er muss mit einer Flachdecke geschlossen gewesen sein.Ob dieses Gebäude einen Chor besaß, wissen wir nicht. Sicherlich gehörte der gewölbte Chor des 14. Jh. mit seinen 1,20 m breiten Wänden ursprünglich nicht zu dem kleinen, flach gedeckten Kirchenraum. Vielleicht stand hier vorab ein kleiner Rechteckchor. Vielleicht bestand der Ostabschluss aber auch nur aus einer einfachen Wand.
Es erscheint unwahrscheinlich, dass Giselbert von Bodelschwingh diese 50 qm große, schlichte Kirche gestiftet haben soll. Bislang kann zwar noch nicht gesagt werden, aus welcher Zeit sie stammt, doch verschiedene Detailbeobachtungen lassen ein romanisches Alter vermuten. Es ist daher anzunehmen, dass Giselbert von Bodelschwingh das schon vorhandene Kirchengebäude benutzte, um den großen, gewölbten, gotischen Chor um 1350 anzufügen und damit eine Begräbnisstätte für seine Familie zu schaffen (Familiengruft).
Die Ausgrabungen legten noch weitere interessante Spuren frei. In den Verlängerungen der ältesten Kirchenwände nach Westen zeigten sich wiederum Fundamentreste und Beobachtungen in der Fundamentmauerung der Westwand ließen den Schluss zu, dass an der Nahtstelle zwischen älterer Längsmauer und Westwand, die Mauer nach Norden und Süden verlängert worden war . Zusätzlich trägt eine der beiden Glocken im Turm das Datum 1506, so dass ein Glockenturm zumindest im 16. Jh. vorhanden gewesen sein muss. Fasst man diese Beobachtungen zusammen, kann man den Bauablauf an der Westseite folgendermaßen rekonstruieren: Ein Turm wurde vor 1506 errichtet und zwar etwas abgesetzt vom bestehenden Kirchenraum. Dies erscheint sinnvoll, damit nicht die ganze Kirche zur Baustelle wird und der Eingang beibehalten werden kann. Erst nach Fertigstellung legte man die alte Westwand um und verlängerte die Längswände bis zum Turm.
Bleibt die Frage nach dem Alter des heutigen, gewölbten Kirchenschiffes. Wie oben schon erwähnt, befinden sich unter seinen Außenmauern zahlreiche Bestattungen sowie Bauerweiterungsspuren in der Westwand. Es muss somit jünger sein als die Bestattungen, die allerdings aus sich heraus nicht datierbar sind, und es muss jünger sein als der Turm-(neu?)bau vom Ende des 15. / Anfang des 16. Jh. mit seiner Glocke von 1506. Vielleicht lässt sich das heutige Kirchenschiff mit Baumaßnahmen in Verbindung bringen, die anlässlich von Kriegszerstörungen im 17. Jh. belegt sind. 
Im Kircheninneren befinden sich zahlreiche Bestattungen der Familie von Bodelschwingh, ihren Geistlichen und sicherlich auch von Gemeindemitgliedern. Der Heizungseinbau machte die Entnahme einiger Skelette erforderlich, allerdings nicht, ohne die Art ihrer Niederlegung sowie ihre Lagebeziehung zur Kirche und den anderen Gräbern archäologisch zu dokumentieren und für die Nachwelt festzuhalten.