Von Gefängnis bis Feuerspritze –
Die Bedeutung des Heimbrüggentors am Burghof Mengede

Historischer Standort


Vor dem heutigen „Burghof“, nahe der Umflut,
herrschte zumindest seit Ende des Mittelalters reges Treiben, denn unmittelbar vor dem Haus lag das „Heimbrüggentor“ (erstmalige Erwähnung 1440, auch Heimbrüggentor genannt), das man passieren musste, um in den Ort Mengede zu gelangen.

Im Torgebäude war gleichzeitig das Gefängnis untergebracht. Außerdem enthielt es einen weiteren Raum für die Feuerspritze und die Feuereimer. 1819 verkaufte die Gemeinde den südlichen Teil an Georg Keinhörster, der diesen 1820 abbrechen ließ. Der nördliche Teil wurde von Adolf Schmidt noch eine Reihe von Jahren als Backkammer genutzt.

An dieser Stelle führte eine Brücke (die „Heimbrügge“) über die Emscherumflut, neben dem Tor eine Befestigungseinrichtung in alter Zeit, in den Ortskern hinein. Obwohl das Tor schon längst seinen ursprünglichen Sinn als Befestigungsanlage verloren hatte, wurde hier noch bis zum 1. Oktober 1899 ein Wegegeld für das Passieren mit Fuhrwerken und Tieren erhoben. Die vor dem Grundstück von der Emscher gespeiste Umflut verschwand im Zuge der Emscher Regulierung zwischen 1912 uns 1915.

Ein Gemälde – nach den Erzählungen eines Bürgers erstellt – lässt erahnen, welch idyllische Ecke der Standort zu Zeiten der sauberen Emscher gewesen sein muss.

Geblieben über drei Jahrhunderte ist aber eins:

ein Haus der Gastlichkeit, das Restaurant „Burghof“.

 

Eigentumsverhältnisse

Bereits 1604 war Voreigentümer Raulf grundsteuerpflichtig gegenüber dem Haus Mengede. Auf der ersten heute bekannten Liste mit eingetragenen Berufsbezeichnungen von 1705 wird der nachfolgende Eigentümer Westerhoff als Wirt aufgeführt. Seit mehr als 300 Jahren lädt danach ein Wirt im Burghof zur Einkehr und zum gemütlichen Tropfen ein.



Heinrich Westerholt kam durch Heirat in den Besitz der Familie Raulf und von ihm erwarb Adolf Schmidt 1875 Grundstück und Gebäude und wieder durch Heirat wurde die Familie Stein 1912 Eigentümer. Zunächst 1912 Louis Stein, der auf dem Nachbargrundstück auch Inhaber einer Kupferschmiede war, die später von Dr. Heinrich Köster betrieben wurde. Nach dem Tod von Louis Stein blieb das Eigentum in der Familie. Nach Kriegsende über nahm Heinz Stein die Gaststätte. Der gelernte Koch und Küchenmeister, der als Smutje zur See gefahren und bis Indien gekommen war, ehe die Malaria seine SeefahrerKarriere beendete, bot im Burghof fortan auch Speisen an.

Es dauerte eine Weile, ehe der „Budiker“ (wie er bald genannt wurde) sich als Koch bei seinen Gästen durchgesetzt hatte. Denn anfangs traute sich kaum einer, im Lokal zu essen, weil nicht der Eindruck entstehen sollte, ihre Frauen würden zu Hause nicht kochen. Steins Esspioniere ließen sich dessen kulinarische Köstlichkeiten deshalb in der Küche servieren.

Heute ist Tochter Irmela Stein verheiratet mit Dr. Rolf Heiderich „Herrin“ des Burghofs, der nun seit rund 150 Jahren im Besitz der Familie ist.

 

Hausgeschichte

Wo heute der Burghof steht, stand bis 1926 die Gastwirtschaft Schmidt, Mengedes Traditionsgaststätte.



Bei Gründung des Amtes Mengede 1889 war der alte Ortskern noch vom Wasser der Emscher umgeben und die westliche Ortsgrenze (heutige Siegenstraße) war über die Jahrhunderte zwischen dem Heimbrüggentor (Restaurant Burghof) und der Tröskenpforte (Ecke Freihofstraße) unbebaut geblieben. Bis auf das katholische Schulgrundstück (Ecke Siegen- Freihofstraße) standen die Flächen bereits 1826 im Eigentum der Vorgängerfamilien. Im Volksmund sprach man daher über Jahrzehnte vom „Schmidt’schen Eck“.

Mengede hatte zu der Zeit noch einen dörflichen Charakter, und der Ortskern, rund um die Remigiuskirche, war von Handwerk und Handel geprägt. Die Eröffnung der Köln-Mindener Eisenbahn im Jahr 1847 und das erfolgreiche Abteufen der Zeche Hansemann, deren Förderbetrieb 1896 begann, war schließlich der Startbeginn für eine Erschließung der Flächen zwischen Bahn und Ort. Die industrielle Entwicklung war verbunden mit einer raschen Bevölkerungszunahme, die letztlich dazu führte, dass Mengede 1889 seine Selbständigkeit zurückerhielt.

Vereinzelt entstanden Ende des 19. Jh. auf der anderen Straßenseite einige Gebäude noch in herkömmlicher Bauweise, und auch für den ersten Bauabschnitt der neuen Katholische Kirche war hier 1876 ein Platz gefunden worden. Flächen, die Jahrzehnte lang Bürgergärten waren. Auf alten Karten waren dies die „Kirmesgärten“, Gärten, die zu Kirmes zur Nutzung an die Bürger vergeben wurden.

Das Amt Mengede beschloss 1895 den ersten Bebauungsplan, mit dem Gebäudebauformen und Geschossigkeiten modernen Planvorstellungen angepasst wuden. Mit Weitsicht wurden neue Straßenzüge zwischen Bahn und Ortslage ausgewiesen und einzelne mit einer Breite von 16 m festgesetzt u. a. in der Erwartung, „dass die Anlegung elektrischer Straßenbahnen nicht ausgeschlossen sei.“ Wie fortschrittlich die Verkehrsplanung der damaligen Zeit war ist z.B. auch an der Ausweisung größerer Rondelle in Kreuzungsbereichen mehrer Straßen erkennbar.

Ein Umzug des Ortskerns in Richtung Bahnhof zeigte sich langsam an. Zwischen Burgring und Mengeder Straße entstanden an der Siegenstraße (seit 1928, vorher Siegenweg bzw. Nordstraße) am Anfang des 20. Jahrhunderts mehrstöckige Gebäude. Möglich wurde die Bebauung, weil durch die Regulierung der Emscher auch die Umflut, die im Bereich der Siegenstraße verlief, beseitigt wurde.


Louis Stein trennte sich nach und nach von einigen Grundstücken, bzw. ließ Neubauten errichten und verkaufte diese an Mengeder Geschäftsleute. Sein altes Gasthaus ließ er 1926 abbrechen und die „Mengeder Zeitung“ schrieb dazu:

Das alte Fachwerkgebäude, Sängerheim und Handwerkergildehaus der Vorzeit an der Nordstraßen- und Bahnhofstraßen-Ecke, in welchem seit Menschengedenken eine Wirtschaft, und bis vor 15 Jahren auch eine Bäckerei betrieben wurde, wird in allernächster Zeit einem modernen Neubau Platz machen müssen. Wenn sich nun auch mancher mit stiller kurzer Wehmut von der Stätte der Jugenderinnerungen trennen muss und die Klause schwinden sieht, wo so manches Lied geschmettert und feuchtfröhlich „gehext“ wurde, so muss doch mit dem Fortschritt der Zeitmarschiert werden. Wir wünschen Herrn Stein zu seinem Vorhaben Glück.

Trotz der wirtschaftlich noch nicht stabilen Zeit entstand innerhalb weniger Monate der Neubau, ein Mehrfamilienhaus mit Gastwirtschaft. Als Architekten hatte sich Louis Stein für die Gebrüder Dietrich und Karl Schulze entschieden, die eine Ziegelei in Schwieringhausen betrieben und neben vielen Wohnsiedlungen z. B. auch das große Schulzentrum an der Brügmannstraße Dortmund-Mitte, das Verwaltungs-Gebäude der Dortmunder Union-Bergbau und Hütten-AG an der Rheinischen Straße und auch unseren Marktplatz mit Schule und Saalbau in Mengede planten und für die Baudurchführung verantwortlich zeichneten.

Am Samstag, 9. April 1927 war es soweit. Nach nur 9-monatiger Bauzeit wurde im Kreise geladener Gäste das neue „Wohnzimmer“ Mengedes, der „Burghof“ eingeweiht. Bauunternehmer Zurnieden dankte im Namen aller am Bau beteiligten Handwerker, ernste und heitere Reden schlossen sich an und der Gemeindevorsteher Schulte-Baukloh fand Worte der Anerkennung für Herrn Stein, der in schwerer Zeit den Mut aufbrachte, solch einen stolzen Bau und dazu mit einer Kegelbahn zu errichten.

Familie Stein betrieb zwischenzeitlich den gewerblichen Bereich auch als Hotel und bis heute kann dem Kegelsport im Haus nachgegangen werden.

Wie vor dem Krieg war der Burghof auch danach Stammlokal der so genannten Pohlbürger, der Mengeder Oberschicht. Aber auch auswärtige Prominenz aß und nächtigte dort. Der berühmte „Seeteufel“ Graf von Luckner, bei Freund und Feind hoch angesehener Held der Meere im 1.Weltkrieg, und die aus Huckarde stammende Operettensängerin Margit Schramm, in Mengede zur Mittelschule gegangen und in zweiter Ehe Stiefmutter von Peter Krauss, zog es, wenn sie im Raum Dortmund weilten, in den Burghof. Sogar ein ehemaliger aus Schlesien stammender Onassis-Butler, der einen ausgewanderten Freund aus Mengede auf seinen Heimatbesuchen begleitete, fühlte sich im Haus mit dem Zinnengiebel wohl.

Darüber lachte Mann im Burghof

Natürlich hat sich in den 300 Jahren in dem Lokal so einiges ereignet, Ernstes und Heiteres. Bleiben wir bei einigen Anekdoten:

Zwei, die den Schalk im Nacken hatten und die für jeden Spaß zu haben waren, besonders wenn sie „einen auf“ hatten, waren „Fummi“ und Helmut. Der eine verspeiste der Wirtin Tulpen und spülte mit dem Blumenwasser nach, der andere machte sich über „Haushund Antons“ Fressnapf her.

„Anton“ hatte auch seine Marotten. Wenn ein ortsbekannter Doktor, der aber kein Mediziner war, das Lokal betrat, sprang das Hündchen flugs auf dessen Stammplatz und räumte ihn erst, wenn der „Doc“ die Hälfte seines ersten Bieres mit ihm geteilt hatte. „Anton“ trank aus dem Aschenbecher.

Wegen Hund „Anton“ war ein Mensch, ebenfalls namens Anton, der in Mengede Krawatten produzierte, tief beleidigt. Obwohl seine Freunde ihn „Töne“ nannten, ärgerte ihn, dass der Vierbeiner den Namen mit ihm teilte. Einen Monat lang mied er trotzig das Lokal. Erst als sich in der „Mengeder Zeitung“ eine Glosse mit seiner Burghof-Abstinenz beschäftigte, beendete er seinen „Anton-Streik“.

Kontakt:

Restaurant Burghof

Mengeder Straße 687
44359 Dortmund
Telefon: 0231-2265643